Kein Prozeß gegen Heißler-Anwältin

OLG Hamburg lehnt Eröffnung des § 129a-Verfahrens gegen Verteidigerin Ute Brandt ab Kein „hinreichender Tatverdacht“ / Verteidigungsrechte wären unzulässig eingeschränkt  ■  Aus Hamburg Kai von Appen

Generalbundesanwalt Kurt Rebmann hat beim Versuch, die Hamburger Anwältin und Verteidigerin des RAF-Inhaftierten Rolf Heißler, Ute Brandt, wegen „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ (§ 129a StGB) vor den Kadi zu ziehen, Schiffbruch erlitten. Mit Beschluß vom 30. Juni 1989 lehnte der Staatsschutz des Hanseatischen Oberlandesgerichts die Eröffnung des Hauptverfahrens nach § 129a „mangels hinreichenden Tatverdachts“ ab.

Es begann alles mit einer Denunziation: Ein Mandant hatte Ute Brandt bezichtigt, sie hätte ihn für die Rote Armee Fraktion werben wollen. Obwohl selbst Hamburgs Verfassungsschutzchef Christian Lochte (CDU) in dem „Kronzeugen“ frühzeitig einen „Spinner“ erkannte, setzte Generalbundesanwalt Rebmann seine Fahndungs-Maschinerie in Gang. Mehrfach wurde die Kanzlei der jungen Juristin gefilzt und Mandantenakten beschlagnahmt, zahlreiche Male durchstöberten Staatsschützer die Zelle von Rolf Heißler in Straubing - bis sie glaubten, fündig geworden zu sein. In Heißlers Unterlagen befanden sich nämlich Materialien und (Prozeß)erklärungen anderer RAF-Gefangener. Der Schönheitsfehler für Rebmann: Alle Papiere waren unbeanstandet über den Tisch des Kontrollrichters gegangen.

Dies hielt Rebmanns Anklagebehörde nicht davon ab, nun das allbekannte Terroristenkonstrukt zu basteln. In seiner Anklageschrift unterstellte Rebmann einfach, Ute Brandt habe diese Materialien nicht zum Zwecke der Verteidigung an Heißler gesandt, sondern damit die Ziele der RAF unterstützen wollen. Rebmann versuchte dies mit der These zu untermauern, daß diese Materialien schließlich nicht dazu geeignet gewesen wären, Rolf Heißler von der Teilnahme am Hungerstreik 1984/85 für bessere Haftbedingungen abzuhalten.

Selbst für den berüchtigten Hamburger Staatsschutzsenat, der noch im Februar 1989 den Hamburger Lehrer und Brandt -Mandanten Fritz Storim zu einem Jahr Knast verurteilte, weil er angeblich für den Abdruck zweier Redebeiträge in der Zeitschrift 'Sabot‘ verantwortlich gewesen sein soll, die die Forderung nach Zusammenlegung enthielte, ging dieses Konstrukt zu weit. Die Richter in ihrem Beschluß: „Denn sie (die Rechtsanwältin Ute Brandt, d.Red.) wurde als Verteidigerin ihres Mandanten tätig und konnte grundsätzlich die Verteidigungsstrategie und -maßnahme zur Erzielung von Hafterleichterung bestimmen, wobei ihr stets bewußt war, das sämtliche Schriftstücke vom Überwachungsrichter kontrolliert werden würden.“

Der OLG-Beschluß löste bei vielen Verteidigervereinigungen Erleichterung aus. Wäre nämlich Rebmann mit seinem Vorstoß durchgekommen, hätte das in Zukunft für Vertretung politischer Gefangener weitreichende Konsequenzen gehabt. Denn: Trotz richterlicher Postkontrolle hätten Anwälte immer damit rechnen müssen, eine Anklage nach § 129a an den Hals zu bekommen, nur wenn die Bundesanwaltschaft der Meinung ist, die Rechtsanwältin beabsichtige nicht eine Verteidigung, sondern etwas Verteidigungsfremdes.

Unklar ist zur Stunde noch, ob die Bundesanwaltschaft in die Beschwerde gehen wird. Pressesprecher Dr. Förster: „Das wird zur Zeit geprüft.“