Teurer Asexueller

■ Pressekammer des Landgerichts verurteilt AL im Fall Ubbelohde zur Zahlung von 20.000 Mark Schmerzensgeld

Da wollte sich einer über alle Kategorien hinwegsetzen und bezeichnete sich als „weder homosexuell, schwul oder heterosexuell“. Und als die fortschrittliche Emanzipationsbewegung ihm dafür Lob zollen wollte, zog er vor den Kadi - gegen sie. Baldur Ubbelohde, einst CDU -Bürgermeister von Charlottenburg, fühlte sich im Januar dieses Jahres tief in seiner Männerehre gekränkt durch einen Artikel in einer schwul-lesbischen Wahlkampfzeitung der Charlottenburger AL, übertitelt: „Ist Baldur hetero?“ Gestern forderte er dafür vor dem Landgericht 20.000 Mark Schmerzensgeld.

In der Satire war die Frage aufgeworfen worden, ob der „bislang als anständig schwul bekannte“ Bezirksbürgermeister denn aufs andre Ufer gewechselt sei. Er sei in einem „einschlägig bekannten heterosexuellen Etablissement“ gesehen worden und habe sich in einer Videothek „drei Filme heterosexuellen pornographischen Inhalts ausgeliehen“. Biedermann Ubbelohde fühlte sich beleidigt. Er stellte Strafanzeige, ließ einige Exemplare der Wahlkampfzeitung beschlagnahmen und versicherte in einer verunglückten eidesstattlichen Erklärung, daß er „weder-noch“ sei. Die Staatsanwaltschaft stellte die Strafverfolgung ein, und so stritt man sich gestern zivilgerichtlich mit einem von der AL initiierten Vorspiel. Die „Asexuelle Liste für Homokratie und Heteroschutz“ präsentierte eine debile Kleinfamilie: „Für 20.000 Mark sind wir gerne schwul“, ein „Schlafmützenorchester“ zersang deutsche Hausmusik unter dem Motto „Wir blasen Baldur ein Ständerchen“.

Im Gerichtssaal wurde dann vor der Pressekammer zum wiederholten Mal die Frage gestellt: „Was darf Satire?“ Richter Siebert trug mit tonloser Stimme den Artikel vor („Hättero“), dann drückte Ubbelohdes Anwalt Raue heftig die Tränendrüsen: des Bürgermeisters Kinder heulend am Frühstückstisch, Aufklärung begehrend über Pappis Bordellbesuche. Der AL-Artikel berge „in eine Satire verpackte falsche Tatsachenbehauptungen“, die geeignet seien, „einem Vater von zwei Kindern die Ehre abzuschneiden“. Der Anwalt der AL betonte, daß die Satire schon durch ihre Aufmachung als solche erkennbar sei. Es sei nicht darum gegangen, dem Kläger „ernsthaft zu schaden“, sondern durch „Rollentausch“ die gängige Diffamierung Homosexueller zu verdeutlichen. Erst Ubbelohde selbst habe durch seine „Überreaktion eine Lawine losgetreten“. Das Gericht schloß sich überwiegend der Argumentation des Klägers an und verurteilte die AL zur Zahlung von 20.000 Mark Schmerzensgeld und Unterlassung der Behauptungen aus der Satire. Diese sei auf „die vorsätzliche Herabwürdigung des Klägers ausgerichtet“ gewesen. Nach Auskunft von Anwalt Wieland wird die AL vor dem Kammergericht in Berufung gehen.

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