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„Republikaner“ - keine Partei für Frauen

■ Schuld am Wahlerfolg der „Republikaner“ sind allein die Männer: Nur ein Drittel der WählerInnen sind Frauen / Dr. Dieter Roth von der „Forschungsgruppe Wahlen“ in Mannheim sucht nach den Ursachen

taz: Herr Roth, bei der Untersuchung der Wählerschaft der „Republikaner“ fällt ein Punkt besonders auf: Die „Republikaner“ sind eine zu zwei Dritteln von Männern gewählte Partei. Nur ein Drittel der „Republikaner„-Wähler waren Frauen. Gibt es so klar geschlechtsspezifische Unterschiede auch bei anderen Parteien?

Roth: Nein, im Moment nicht. Vor 1970 wurden die Unionsparteien sehr viel stärker von Frauen gewählt als von Männern, aber das ist eine abgeschlossene Entwicklung.

Eine ähnliche Entwicklung wie jetzt bei den „Republikanern“ gab es bei den Grünen Ende der 70er Anfang der 80er Jahre als die Grünen zum ersten Mal auf der politischen Plattform erschienen. Damals wurden sie auch viel stärker von Männern gewählt. Aber es war nicht so kraß nach Männern und Frauen aufgeteilt, wie jetzt bei den „Republikanern“. Nach drei bis fünf Jahren hat sich das bei den Grünen ausgeglichen, und inzwischen hat sich das umgekehrt: Frauen wählen stärker die Grünen als Männer, besonders bei der Altersgruppe der 30 bis 40jährigen.

Übrigens war auch die NPD der späten 60er Jahre ganz stark dominiert von Männern.

Wie ist das deutliche Auseinanderklaffen nach Männern und Frauen in der Wählerschaft der „Republikaner“ zu erklären. Sind Frauen die klügeren Wähler, sind sie vorsichtiger, mitdenkender, sozialer?

Vielleicht von allem ein bißchen. Aber zunächst einmal wissen wir, daß Frauen politisch weniger stark interessiert sind und zwar durchgängig bei allen Alters- und Bildungsgruppen.

Aber Frauen gehen ja trotzdem wählen.

Ja, das stimmt. Die Wahlbeteiligung bei Männern und Frauen unterscheidet sich kaum. Dennoch ist das politische Interesse ein gewisser Filter, eine unterschiedliche Möglichkeit, politische Informationen wahrzunehmen.

Wir wissen von einer ganzen Reihe von politischen Bereichen, daß sie wohl eher zum Männerbereich gehören. Dazu gehören etwa Abrüstung, militärische Stärke, Friedenseinschätzung. Da fühlen sich Männer offenbar zuständig. Männer glauben zum Beispiel sehr viel eher als Frauen, daß der Osten militärisch stärker ist als der Westen, aber auch daß keine militärische Bedrohung vom Osten ausgeht. Solche momentanen Entwicklungen werden zunächst sehr viel eher von Männern akzeptiert. Bei allen Fragen der militärischen Aktivität reagieren Frauen zunächst einmal zurückhaltend. Auf der anderen Seite befürworten Frauen sehr viel stärker konkrete Friedensinitiativen, zum Beispiel daß der Westen zur Sicherung des Friedens auf Atomwaffen verzichten soll.

Der zweite Bereich, in dem Frauen sehr viel eindeutigere, pointiertere Positionen vertreten als Männer ist der Umweltschutzbereich. Egal ob es um Luftverschmutzung oder um Lärm, um Gewässerverschmutzung oder Tiefflieger geht, überall zeigen hier Frauen sehr viel kritischere Haltungen als Männer. Sie schätzen zum Beispiel die Sicherheit der Kernkraftwerke sehr viel geringer ein als Männer, sie treten konsequenterweise sehr viel häufiger dafür ein, daß Kernkraftwerke stillgelegt werden. Nach dem Unfall in Tschernobyl hat sich übrigens diese Einstellungsdifferenz zwischen Männern und Frauen noch verstärkt. Unter den Fruaen sind die Hälfte mehr Kernkraftgegner als unter den Männern.

Und gerade zu diesem Bereich, dem Umweltbereich, haben die „Republikaner“ nichts zu sagen, während im militärischen Bereich dagegen schon eher Anknüpfungspunkte für Männer sind.

Ja sicher. Bei den „Republikanern“ liegt latent so etwas wie eine Gewaltdimension in der politischen Auseinandersetzung zugrunde, und auf Gewalt in der politischen Auseinandersetzung, sei es jetzt außen- oder innenpolitisch, reagieren Frauen deutlich anders als Männer.

Und das Thema Ausländer, mit dem sich die „Republikaner“ hauptsächlich profilieren?

Wir haben in unseren Umfragen festgestellt, daß Frauen in ihrer Mutterrolle, in ihrer „Fürsorgerolle“ Ausländern gegenüber keineswegs entgegenkommender reagieren. Sie wollen in geringem Umfang Aussiedler aufnehmen, und mehr noch als Männer wollen sie die Zahl der Asylanten begrenzen.

Auch in der Frage des Wahlrechts oder der Einbürgerung für Ausländer sind Frauen zurückhaltender als Männer.

Man kann also nicht sagen, daß Frauen weniger ausländerfeindlich sind als Männer?

Keineswegs. Frauen sagen von sich selber auch, sie hätten weniger Kontakt zu Ausländern, was einen Teil der Zurückhaltung erklärt, denn wir wissen, daß die Leute um so aufgeschlossener gegenüber den Interessen der Ausländer sind, je mehr Kontakt sie zu ihnen haben.

Das heißt was die Abwehr gegen Ausländer angeht, wären Frauen durchaus ansprechbar für die „Republikaner“?

Allerdings nur theroretisch, denn in ihrem Wahlverhalten zeigen Frauen ganz eindeutig, daß sie auf diese Parolen weniger ansprechen.

Der Berliner Sozialwissenschaftler Professor Walter Hollstein hat neulich den Erfolg der „Republikaner“ unter anderem auf eine Identitätskrise des Mannes zurückgeführt.

Ich denke, daß sich die „Republikaner,“ was ihre Themen und ihr Auftreten in der Öffentlichkeit angeht, eher als eine männliche, um nicht zu sagen Macho-Partei darstellen. Ich halte das von daher für eine sehr plausible These.

Wenn Sie in die Zukunft schauen, werden sich diese sehr unterschiedlichen Sympathien für die „Republikaner“ verschieben, werden Frauen in dem aktuellen Trend nachziehen?

Das glaube ich nicht. Das war auch bei den NPD-Wählern in den 60er Jahren nicht so. Die NPD blieb zu Zwei-Dritteln eine von Männern gewählte Partei. Wir können deshalb auch bei den „Republikaner“ nicht annehmen, daß sich das Wahlverhalten der Frauen dem der Männer angleicht. Dazu wird diese Partei zu weit rechtsaußen eingeschätzt.

Sie wird keine Partei werden, die politisch als eine normale Kraft akzeptiert wird, und das macht Frauen zunächst einmal zurückhaltend.

Das Gespräch führte Vera Gaserow

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