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Half-Pipes am Schlachthof

■ Zehn Riesen vom langen Henning für eine Show-Bühne der Bremer Skater-Szene

Ein twist-airwalk auf dem Ansgarikirchhof, fingerflip -footplant im Bremer Carree, die Wallanlagen als mini-ramp: es gibt wieder eine Bremer skater-scene, und sie hat Namen und Addresse: die „Bremer Eis-und Rollsportgemeinschaft e.V.“ in der Schulstraße (nahe Leibnitzplatz) bietet der local scene banks für coole seshs und die local skateshops im O'weg den notwendigen Schnickschnack.

Nach dem skating-boom vor ca. acht Jahren kam lange nichts, doch seit einem Jahr gehen tüchtige dealer planmäßig zur Sache. Motto: Wir stellen die ramps und bowls, ihr kauft unsere products. Gekauft wird in der Tat alles, was zur coolen ollie-kickflip-sesh mit 50/50-grinds und diversen lip -tricks gehört: Bermuda-shorts mit skull, T-Shirts der air -walk- oder hysteric-collection, Armbanduhr, Sonnenbrille und patches mit commercials oder dem Totenkopf der bounce -brigade, den Helden der scene. Im Mittelpunkt natürlich das board, ein gutes kommt um vierhundert Märker. Entscheidend sind names,

wer ein powell-peralta-board fährt, kann schon beim nächsten contest von pushing und sponsoring träumen.

In jedem grell-gewandeten Kid, dem es um fun und nichts als das zu tun ist, steckt aber auch ein heimlicher hardcore -skater, dem Schrammen über stickers gehen, Narben über names, der vom brutalsten board-slide schwärmt und öfters mal ein neues board braucht. Fun und death: dazwischen siedelt ein Stück Jugendkultur, die letztes Jahr in der Neustadt immerhin nur einen (gebrochenen) Arm gekostet hat.

Neu am Schlachthof:

bowl und snake-run

Wenn es in den sonst eher drögen Mitteilungen der Senatspressestelle von pools, pipes und half-pipes wimmelt, kann es nur um die Klientel vom langen Henning gehen: für die 10-bis 18jährigen Kids hat die Deputation für Jugendhilfe zehntausend Mark lockergemacht, um den skateboardenden, rollerskatenden und BMX-Rad -malträtierenden Jugendlichen einen vorzeigbaren Treffpunkt zu geben. Die Skateboard-Anlage ist ins Schlachthofprojekt eingebunden und wurde vom Schlachthof -Chefplaner Eberhard Dengler entworfen.

Der Außenbereich des Schlachthofs nimmt immer mehr Form an: ein Amphitheater, eine Kunst-Mauer zur Findorfstraße, Grünes und Pflasterung dürfen bereits bewundert werden. Der kleine Platz, der auf der Ecke Findorfstraße/Theodor-Heuss -Allee entstanden ist, harrt allerdings noch der Nutzung. Hier wird bis zum Frühjahr ein Pool entstehen,

eine große Betonschüssel, in der die Skater vor den Augen staunender Passanten etwa vom Findorf-Flohmarkt ihre tollkühnen Sprünge machen können.

Eine Seite des Beckens dreht sich - Kunst! - zum Riesenschneckenhaus, worin ein Hinweis auf das Tempo des Schlachthof-Ausbaus liegen soll. Architekt Dengler plante sinnigerweise nicht ins Blaue, sondern setzte sich mit der Neustädter Skaterscene zusammen, diskutierte Steigungswinkel und Materialien, vermaß die Skateboards und übte im Dunkeln höchstselbst.

Geplant sind neben dem Pool zwei Snake-runs, die sich bobbahnähnlich ins bislang sandbedeckte Gebiet rund um den Schlachthof schlängeln sollen: beliebte Hochgeschwindigkeitspisten standfester Skater. Doch da gibt es noch

Widerstände aus dem Stadtplanungsamt: Herrn Kniemeyer schwebt eine Art französischer Boule-Anlage vor, wo die alten Findorfer ihre Kugeln klacken lassen. Nur: wie die Baskemützen auf die alten Findorfköpfe kriegen, wie die Gaulloises in die Münder, die Zielgruppe macht jedenfalls keine Anstalten. Der Schlachthof indes sieht gute Chancen für die „Schlangenbahnen“, die zudem umgrünt werden sollen: eine kleine Oase am Rande der riesigen Pflasterwüste an der Bürgerweide.

Damit sich die Bremer schon mal an das Bild schrillfarbener, verschrammter Skating-Artisten gewöhnen, bauen die Neustädter Profis eine mobile Fun-box und ein paar Street-ramps aus Holz auf: für Show und Fun!

Burkhard Straßmann

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