piwik no script img

Turmhoher Protest

■ BSAG-Turm gegen Fahrpreiserhöhungen bestiegen

Es stimmt nicht, daß der hinsichtlich seiner stadtverschönernden Funktion heftig umstrittene rotsteinerne Turm der Bremer Straßenbahn AG (BSAG) auf der Domsheide zu nichts nütze ist. Wie von Geisterhand, in Wirklichkeit aber per Leiter von hinten, kletterten gestern nachmittag punkt 16 Uhr zwei schwinderfreie AktivistInnen vom „Bündnis Bremer Verkehrsinitiativen“ (BBV) als erklärte SympatisantInnen des Öffentlichen Personen-Nahverkehrs (ÖPNV) auf den Sims des Turms, gerade auf Augenhöhe der diensttuenden BSAG -Angestellten, und entfalteten deutliche Transparente: „Keine Fahrpreiserhöhung!„ mit rotem Ausrufezeichen und, in hintersinniger Parodie eines BSAG-Werbespruchs: „Bremer kommen immer schlechter weg!“ Sofort, das war wie im Stummfilm von unten zu beobachten, verfielen die sonst eher ruhigen Herren mit den schmucken BSAG-Dienstmützen im Turm in Hektik, stürzten zum Telefon, öffneten auch ein Fenster und griffen in ihrer Hilflosigkeit ein bißchen nach einem Transparent, was ihnen spontane Pfiffe aus dem Publikum einbrachte. Unten am Turm erklärte derweil die Erzeuger -Verbraucher-Gemeinschaft, daß auch die „Fahrradguerilla gegen Bremer Auto-Dschungel-Politik“ sei.

Zwei eilend herbeigerufene Polizeibeamte in Sommeruniform kamen minutenschnell, guckten, lasen freundlich, konnten die Aufregung nicht recht teilen. „Wir hoffen, daß Sie uns unterstützen!“ riefen die TurmbesteigerInnen aus luftiger Höhe den Polizisten und dem BSAG-Vertreter zu. „Preiserhöhungen sind kein Mittel, dem ÖPNV aus der Krise zu helfen. Seit 20 Jahren wurden 210 Mio. Mark für den motorisierten Individualverkehr ausgegeben und nur 68 Mio. für den ÖPNV“, plädierte das BBV in 1.000 Flugblättern gegen die geplanten Fahrpreiserhöhungen in Bremen, gegen Straßenbau und für Straßenbahn.

Die BremerInnen auf dem Pflaster fanden das, einschließlich Turmbesteigung, völlig in Ordnung. „Daß die Bremer Karte teurer wird, das geht nicht an“, darüber waren sich die Umstehenden einig. Die Polizei blieb nett: „Bis viertel nach vier wollen die da oben bleiben, das geht in Ordnung.“ S.P

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen