Naturschutzbaustelle Wümme

■ Draußen vor den Toren Bremens klappt die umweltpolitische Kooperation - auch ohne Brückner

Schwere Regenwolken hingen über den Borgfelder Wümmewiesen und drohten die halbe Stunde „Freudentag“ zu ertränken. Dem Fluß, den es zu feiern galt, hätte ein wenig mehr an Wasser zwar gut getan, nicht alle der an Ort und Stelle versammelten Herren aber waren für den Wolkenbruch so vorbildlich ausgestattet wie Jürgen Lüthge. Der Senatsdirektor für Umweltschutz übergab am gestrigen Nachmittag in Gummischaftstiefeln, Friesennerz und Regenschirm ein Projekt dem Lauf der Natur, dessen planeri

sche Ursprünge bereits ins Jahr 1984 datieren.

Die nach einem Jahr Bauzeit erfolgreich abgeschlossene Renaturierung eines Wümme-Nebenarmes war Jürgen Lüthge dank der exemplarischen Bedeutung des Falles und der eingetretenen Schwierigkeiten so sehr ans Herz gewachsen, daß er sich bei der improvisierten Feierstunde am befreiten Fließgewässer in die Prosa flüchtete. „Von der Kunst, im Naturschutzgebiet Wasserbau zu betreiben“ war seine Laudatio auf die ökologische Aufwertung der Borgfelder Wümmewiesen getitelt.

Auf 320 Meter wurde für eine gute viertel Million Mark einer der drei noch existierenden Wümme-Nebenarme in einen annähernd ursprünglichen Zustand rückgebaut. Nun steht das Wasser nicht mehr, es kann fließen, strudeln und sich schlängeln, ist vom Korsett befreit und somit Objekt der Begierde manch seltener Tier-und Pflanzenart geworden. Abgeflachte Uferzonen, rückgestaute Laichbereiche und das weiträumige, landeinwärts verlegte Überflutungsgebiet vermitteln nun auch optisch den Eindruck, „dem wertvollsten Naturschutzgebiet des Landes Bremen“ (Lüthge) nahe zu sein.

Der BUND und der World Wildlife Fund (WWF) hatten die Grundstücke für den Rückbau des

Flußes gestellt, unterstützt durch einen vier Millionen Mark Etat des Bundesumweltministeriums. Sprecher der beiden Naturschutzverbände zeigten sich denn auch gestern erfreut über die „entscheidende Wende der Bremer Umweltsenatorin bei der Fließgewäser-Renaturierung“ und verwiesen auf die weiteren gemeinsamen Pläne. Jürgen Lüthge: „Wir werden jetzt die nächste Raketenstufe zünden und einen Antrag, der bei weit über vier Millionen Mark liegt, dem Bundesumweltminister vorlegen.“ Mit dem Geld sollen die nächsten Grundstücke gekauft und die Renaturierung flußaufwärts Richtung Borgfeld fortgesetzt werden.

Das, so die Beteiligten, solle dann etwas schneller gehen als bei dem Pilotprojekt. Vielleicht entfallen ja die zeitraubenden Verhandlungen mit dem Land Niedersachsen in Gestalt der Wasserschutzbehörde des Landkreises Verden, die, zuständig für das gegenüberliegende Flußufer, Bedenken gegen die Naturschutzeingriffe geltend gemacht hatten, weil nicht absehbar sei, zu welchen Auswirkungen die „neue Wildheit“ des Flußes am niedersächsischen Ufer führen könne. Erst auf Staatssekretärsebene, so erzählte Senatsdirektor Lütge, wäre das Einverständnis des Anrainerlandes zu bekommen gewesen.

anh