: „Guck mal Ilse, jetzt ist billig“
■ Sommerschlußverkauf liegt im Vorjahrestrend / Schnäppchen noch länger möglich
Auf der Rolltreppe bei Karstadt hievten wie an „normalen“ Einkaufstagen auch die Menschen in Zweierreihen in die Höhe: Kein Massenandrang kennzeichnete gestern den ersten Tag im Sommerschlußverkauf, kein übermäßiger Run auf die Kassenschlager, die in den letzten Tagen seitenweise die Anzeigen füllten. „Auch in den nächsten Tagen wird der Kunde noch Schnäppchen machen können,“ H. Brakhane vom Bremer Einzelhandelsverband beschreibt die Lage an der Einkaufsfront.
Der Sommer der mal wieder Sommer war hatte die Läden kaum auf ihren Sommerartikeln sitzen lassen. Lediglich super -modische Trendartikel füllen noch Regale und Kleiderstangen: Senffarbene Seidenblusen, grellgrüne Marlene -Dietrichhosen zum Beispiel. Die KundIn sollte sich per Modediktat in den vergangenen paar Wochen in „kräftige Farben“ hüllen. Für den Rest des Jahres und KonsumentInnen mit modischem Time-lag macht der SSV es jetzt erst möglich: T-Shirts ab DM 9,-, Joy-sun-Röcke, in angenehm fließendem Baumwoll-Strick ab DM 19,-, Blusen für 5, 10 und 14 Mark.
„Die Kunden sind preisbewußter und -sensibler geworden,“ weiß der Einzelhandelsverband. Im Kaufhaus an der Ecke schlendern zwei ältliche Damen, wegen des Schlußverkaufs eigens von Achim zum Kaffeenachmittag nach Bremen angereist, durch die Ständer im Kaufhaus an der Ecke: „Sieh mal Ilse, die hier sind auch extra für den Ausverkauf reingehängt worden.“ Ilse nickt zustimmend. Fachfraulich werfen sie nur einen abschätzenden Blick auf die Etiketten der drei Tupfenblusen, die sich gleichen wie eien Ei dem anderen.
Ein Stockwerk tiefer, wo die Wühltische mit Billigst -Angeboten locken, sucht Bernd W. sich zielsicher von Plakat zu Plakat: „Darf ich Ihren Kuli mal einen Moment ausleihen?“ - Die Polohemden für DM 7,-aus der vierfarb-bedruckten Zeitungsbeilage werden durchgestrichen, da mittlerweile ausverkauft: „Meine Schwester kann sich mit den beiden Kindern nicht mehr ins Gewühl stürzen. Jetztschickt sie mich immer mit einer Liste los.“ W. macht sich auf den Weg nach Handtüchern.
„Haushaltswäsche zeigte sich schon heute morgen als Artikel mit besonders starker Nachfrage,“ berichtet Brakhane von einer ersten Blitzumfrage unter den Händlern seines Verbandes. Da Bettwäsche inzwischen ebenfalls zum farbigen Modeartikel wurde, sind einfache Baumwollbezüge mit frechen Drucken oder hochwertige Bettdecken-Umhüllungen aus Mako -Satin oft um einen Hunderter und mehr reduziert worden.
Der Handel ist insgesamt optimistisch, besonders weil in diesem Jahr der lange Samstag des Schlußverkaufs in die Mitte der zweiwöchigen Kaufrausch-Zeit fällt, haben die Unternehmer wie gewohnt Aushilfen engagiert und z.T. Zusatzkassen aufgestellt, um den erwarteten Mehrumsatz schneller abzukassieren und Kunden das Schlangestehen zu ersparen.
Ein Trend zum Markenbewußtsein scheint sich übrigens zu verstärken: Besonders im Sportbereich hoffen die KäuferInnen auf die preisgünstigen Adidas-oder Nike-Schuhe. ra / Foto: Katja Hedding
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