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„Notfalls ohne Auflagen“

Stellungnahme der Monopolkommission zum Vorhaben des Zusammenschlusses Daimler-Benz mit MBB  ■ D O K U M E N T A T I O N

Die Monopolkommission hat am 2.August 1989 dem Bundesminister für Wirtschaft ihre Stellungnahme zum Zusammenschlußvorhaben der Daimler-BenzAG mit der Messerschmitt-Bölkow-Blohm GmbH übermittelt. Die Mehrheit der Kommission empfiehlt dem Minister, die beantragte Erlaubnis nur mit Auflagen zu erteilen.

Das Bundeskartellamt hatte den Zusammenschluß untersagt, weil er in den Bereichen Luft- und Raumfahrt sowie Wehrtechnik zur Entstehung bzw. zur Verstärkung marktbeherrschender Stellungen der Unternehmensgruppe Daimler-Benz/MBB führen würde und außerdem die überragende Marktstellung von Daimler-Benz für Lastkraftwagen verstärkt. Die beteiligten Unternehmen haben dagegen in ihrem Antrag auf Ministererlaubnis die Rechtsauffassung des Bundeskartellamtes bestritten und zudem auf ein überwiegendes öffentliches Interesse und damit verbundene gesamtwirtschaftliche Vorteile des Zusammenschlusses verwiesen.

Nach Abwägung der Gemeinwohlvorteile mit den Wettbewerbsbeschränkungen und Gemeinwohlnachteilen kann die Mehrheit der Monopolkommission eine Genehmigung des Zusammenschlusses in der beantragten Form nicht empfehlen. Sie kritisiert in diesem Zusammenhang auch die Art und Weise, in der die Bundesregierung das Zusammenschlußvorhaben initiiert und gefördert hat. Gleichwohl hält die Mehrheit der Monopolkommission den Zusammenschluß für genehmigungsfähig, wenn die mit ihm verbundenen Gemeinwohlvorteile erhöht bzw. die Wettbewerbsbeschränkungen und Gemeinwohlnachteile hinreichend vermindert werden. Wettbewerbs- und gesellschaftspolitisch wünschenswert wäre eine Trennung der Deutschen Bank von Daimler-Benz, die jedoch aus rechtlichen Gründen nicht Gegenstand einer Auflage des Bundeswirtschaftsministers sein kann. Mögliche Auflagen sieht die Mehrheit der Kommission in der für spätestens 1999 vorgesehenen Übernahme des 20prozentigen KfW -Anteils an der Deutschen Airbus schon zu einem sehr viel früheren Zeitpunkt. Genehmigungsfähig wäre der Zusammenschluß nach Mehrheitsmeinung der Monopolkommission durch eine Veräußerung des Bereichs militärischer Triebwerke oder durch eine Ausgliederung wesentlicher Anteile des Bereichs Wehrtechnik, wie z.B. Lenkwaffen, Drohnen und Wehrelektronik, wodurch die vom Bundeskartellamt festgestellten Wettbewerbsbeschränkungen hinreichend vermindert würden.

Das Kommissionsmitglied Haastert akzeptiert den angestrebten Zusammenschluß notfalls ohne Auflagen, um ihn nicht insgesamt zu gefährden, wenngleich auch nach seiner Auffassung die von der Mehrheit befürworteten Auflagen zu einer Erhöhung der Gemeinwohlvorteile führen würden. Das Kommissionsmitglied Immenga spricht sich in seinem Minderheitsvotum gegen eine Genehmigung des Zusammenschlußvorhabens aus und kritisiert zugleich die Mitwirkung der Bundesregierung, welche die Glaubwürdigkeit in die grundsätzlich von ihr verfolgte Wettbewerbspolitik gefährdet. Maßgeblich ist nach seiner Auffassung, daß sie ausschließlich industriepolitische Begründung des Antrages sich gegenüber der nach dem Zusammenschluß entstehenden Marktmacht, verbunden mit erheblichem politischem Einfluß, nicht durchsetzen kann. Mögliche Vorteile des Zusammenschlusses würden durch die Politisierung des internationalen Wettbewerbs in der Luft- und Raumfahrtindustrie relativiert.

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