: Immer schon eingemischt
■ Auch diesmal interveniert das Ausland nicht nur mit Beobachtern bei den Wahlen
Innenpolitisch wichtige Entscheidungen fallen bei den Nicaraguanern verdächtig oft im Ausland.Die Vorverlegung der Wahlen von November auf Februar 1990hatte Daniel Ortega seinerzeit auf einem Präsidentengipfel in El Salvador bekanntgegeben, die Wiederaufnahme des Nationalen Dialogs mit den Parteien in Costa Rica. Ähnlich bei der Opposition: Ein verunglückter Versuch, die vier christlich-sozialen Parteien des Landes zu vereinen, fand nicht in Nicaragua statt, sondern auf einem Treffen in Guatemala.
Einmischung aus dem Ausland hat in Nicaragua eine lange Tradition: Keine Wahl in diesem Jahrhundert konnte ohne irgendwelche Interventionen über die Bühne gebracht werden. In der Regel waren es die USA, die zugunsten eines Kandidaten eingriffen oder die Abwicklung des Wahlprozesses gleich zur Gänze in die Hand nahmen.
Die Wahlen vom 25.Februar 1990 werden jedenfalls quantitativ alle Rekorde schlagen, was ausländische Einmischung betrifft: Allein die Organisation Amerikanischer Staaten will - selbstverständlich auf Einladung der Regierung - 200 Beobachter schicken, um alle Landkreise abdecken zu können. Auch die UNO wurde um Entsendung von Beobachtern gebeten, alle möglichen und unmöglichen Institute, Parteien und Komitees werden vertreten sein. Nicht zuletzt natürlich wird esGesandte Washingtons geben, die schließlich überprüfen wollen, ob sich die mindestens 10 Millionen Dollar Wahlkampfhilfe für die Opposition gelohnt haben.
Schon der Vorwahlprozeß spielt sich nahezu mehr im Ausland als in Nicaragua ab: Wenn die Opposition ein Wehwehchen hat, dann läuft sie zum venezolanischen Präsidenten Carlos Andres Perez oder zu Oscar Arias in Costa Rica. Deren Meinung ist auch für die sandinistische Regierung von Gewicht. Nicht umsonst hat Daniel Ortega auf der jüngsten Heimreise von Argentinien einen Zwischenstopp in Caracas eingelegt und sich von Perez bestätigen lassen, daß die Wahlvorbereitungen befriedigend verlaufen. Die nicaraguanischen Christsozialen Agustin Jarquin und Carlos Huembes waren ihrerseits Ende Mai in Bonn und haben Bundesminister Jürgen Warnke vor dessen Nicaraguabesuch mit schlagseitiger Information über die Wahlen vollgestopft. Und die Konrad-Adenauer-Stiftung hat Ausbildungskurse für oppositionelle Wahlordner versprochen.
Letztes Jahr beklagten sich nicaraguanische Oppositionsparlamentarier selbst bei dem sandinistenfreundlichen Hans-JürgenWischnewski („Comandante Hans“), der gerade in Managua zu Besuch war und dessen Wort bei der FSLN Gewicht hat. Sie fänden es ungerecht, daß ihnen die Sitzungsgelder gestrichen würden, solange sie die Plenarsitzungen bestreikten. Wischnewski konfrontierte sie lapidar mit der Realität eines bundesdeutschen Abgeordneten: „Was glauben Sie, wieviel Geld ich verliere, weil ich hier bei Ihnen sitze, statt zu Hause im Bundestag?“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen