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SUBDOMINANTE KLAGESCHRIFT

„...Und die Fenster meiner beiden Seelen weinen zurück in den Ort, aus dem ich gekommen bin, und nun gegenwärtig spüre ich die ersten Schritte aus der Einsamkeit ins Dunkle...“

Schwerblütiges ist anzukündigen. Tod, Körper, Mord, Vergeblichkeit, Begierde, Fäulnis... Und immer wieder die eine Frau, die nächtens zur anderen abwesenden spricht. „Nacht: Eine Frau an eine Frau“ heißt das Kunstwerk von Ulrike Bock und Brigitta Sgier, das heute abend von 20 bis 21Uhr auf Radio100 hören kann, wer es HÖREN kann. Der schwere(lose) Brocken nämlich, der sich eineR da über eine Stunde lang, wenn SIE es durchhält, in die ungeneigten Ohren einfräst, ist eine Aufgabe für Ein- bzw. Zweitönigkeitsexperten. Männer werden eh abschalten, glücklich entlastet durch die 100,6prozentige Bestätigung ihrer soliden Vorurteile gegen WEIBLICHE SPRACHE, (Schon wieder 'ne SIE, die die falschen ERs kenn(t)(en will). Aber mit (Vor)urteilen(?) lebt sichs bekanntlich - s.o. leichter. sezza) dieses von manch kluger Dame beraunt und beschworene Un-Ding.

Und genau darum geht es wohl auch in dem Sprech-Musik-Stück der beiden Berliner Wort-Bild-Ton-Künstlerinnen. Nur daß ich mir beim Vorabhören der Kassette wie eine Dame des Hofstaates der Kaiserin fühlte: Stimme ich dummklug ein die Begeisterung über ihre neuen Kleider, oder gestehe ich klugdumm ein, daß sie mehr oder weniger nackt dasteht?

Zu hören ist jedenfalls, kommentiert und unterlaufen von Querflöte und Cello - wie unten aus der Partitur zu entnehmen - die Rezitation von tagebuchartig notierter (13.7.-27.7.86) nächtlicher Klageschrift. Und für Geduldige, aber Verwirrte schließt sich ein kurzer theoretischer Text einer Literaturwissenschaftlerin an, der so beginnt: „Ich könnte jahrelang über dieses Sprechen von Ulrike Bock schweigen“ und dann - keine wundert es - kaum weniger unzugänglich ist. Man kann auch „hermetisch“ sagen und ist erstmal raus aus dem Dilemma mit den NEUEN Kleidern.

Erschöpft und sprachlich herunterkletternd von der Ton -Leiter einer NEUEN weiblichen Ästhetik, begebe ich mich eingestandenermaßen auf das Terrain der Befindlichkeiten und sage: Ich FINDE den Nachhall aus Wörtern und Musik in meinem Kopf SCHÖN!

CD

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