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„Öffentlich-rechtlich nicht sendbar“

■ SFB setzt Kabarett ab / Jockel Tschierschs Satire-Show kurzfristig wegen „mangelnder Qualität“ aus dem Programm gekippt / Ersatzmann Stefan Walden

Das Publikum war begeistert: Als im Mai dieses Jahres beim Satirefest des SFB die „Kaminsky-Show“ zum ersten und einzigen Mal auf die Bühne kam, spendeten die Zuschauer langanhaltenden Beifall. Gestern, kurz vor Mitternacht, sollte die Sartire-Show im dritten Fernsehprogramm der Nordkette zu sehen sein. Doch statt Jockel Tschierschs und Giesela Rothmüllers „schriller, ausgeflippter Satire voller schwarzem Humor auf gängige Fernsehunterhaltungsformen“ (Originaltext SFB-Programmvorschau) war der Kabarettist Stefan Walden zu sehen.

Grund für die plötzliche Programmänderung: Jürgen Engert, Chef der Hauptabteilung Politik und Zeitgeschehen, hatte die Satiresendung kurzfristig aus dem Programm gekippt. Die mangelnde Qualität von Show und Kabarettisten habe zu seiner Entscheidung geführt, erklärte Engert gestern. Geschmacksfragen hätten keine Rolle gespielt.

Die „Kaminsky-Show“ ist eine Parodie auf Fernseh-Talkshows. Nur: In Kaminskys Show kommen die Gäste nicht. Jockel Tschiersch hatte das Stück eigens für das SFB-Satirefest geschrieben. Urspünglich hatte der SFB nur einen Ausschnitt des Kabarettabends zeigen wollen. Dann aber, so berichtet Jockel Tschiersch, „war die Redaktion so begeistert, daß sie die Show in der vollen Länge zeigen wollte“.

Daß sein Stück abgesetzt war, erfuhr Tschiersch gestern morgen von seinem Anrufbeantworter: „Aus Geschmacksgründen“ sei das Programm geändert, so die Erklärung des zuständigen SFB-Unterhaltungsredakteurs Römhild. Die Entscheidung sei „nicht aus politischen Gründen“ gefällt worden, betonte Römhild gestern gegenüber der taz. Die Show habe „an einigen Stellen die Grenzen des guten Geschmacks verletzt“ und sei deswegen aus dem Programm genommen worden. Er selbst wolle die Entscheidung „nicht kommentieren“. Römhild betonte, die Sendung sei „nicht ganz gestrichen, sondern vorerst nach hinten verschoben“.

„Wir haben genau das auf die Schippe genommen, was das öffentlich-rechtliche Fernsehen bringt, und der SFB hat nicht den Mut, das zu zeigen“, erklärte Jockel Tschiersch. „Schade, daß jetzt niemand die Kaminsky-Show sehen kann.“

Allerdings ist der Kabarettist auch ein bißchen stolz: Daß seine Kaminsky-Satire für „öffentlich-rechtlich nicht sendbar“ erklärt wird, verschaffe ihm auch „eine gewisse Genugtuung“.

taz

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