: Reisekrimis: Juan Madrid: "Ein freundschaftlicher Kuß"
Der erste Satz in einem Kriminalroman ist ungemein wichtig. Eine herausragende Autorin wie Patricia Highsmith bringt es fertig, schon im Anfangssatz die Atmosphäre des ganzen Romans festzulegen und gleichzeitig den Leser zu fesseln und in die Geschichte hineinzuziehen. Der spanische Schriftsteller Juan Madrid läßt seine Detektivgeschichte Ein freundschaftlicher Kuß (Un beso de amigo) folgendermaßen beginnen: „Ich habe in meinem Leben schlimme Zeiten durchgemacht; aber soweit ich mich erinnere, ging es mir noch nie so schlecht wie am Ende jenes Sommers.„ Der Satz stammt vom Helden des Buches, Toni Romano, und weist diesen damit als einen direkten Nachfahren von Sam Spade und Philip Marlowe aus. Und es gibt noch eine weitere Parallele zu Hammett und Chandler: Die zweite Hauptrolle spielt eine Stadt, die spanische Metropole Madrid.
Toni Romano, Exboxer und Exbulle, schlägt sich mit kleineren Detektivjobs mehr schlecht als recht durchs Großstadtleben. Die Polizei verließ er wegen ihrer Nähe zu Franko und ihrer Korrumpierbarkeit. Verpflichtet und zugehörig fühlt er sich dem städtischen Bodensatz: den kleinen Gaunern, Arbeitern, Huren und Zuhältern seines Viertels. Als dieses Viertel nun Ziel einer Bodenspekulation wird, nimmt Toni Romano den Kampf an.
Juan Madrid wurde 1947 in Malaga geboren. Seit 1969 lebt er im Altstadtviertel von Madrid, wo er nach einem Literatur und Geschichtsstudium als Journalist arbeitet, momentan als Polizeiberichterstatter bei 'Cambio 16‘. „Eine Geschichte zu erzählen“, so Juan Madrid, „bedeutet für mich eine städtische Story voller Gewalt, Verbrechen, Einsamkeit und Lieblosigkeit. Der Schwarze Roman erscheint mir wegen seiner besonderen Eigenschaften hierfür am besten geeignet. Hier ist das Wichtigste nicht, den Mörder zu finden, sondern eine realistische Darstellung der Welt des Verbrechens und der gesamten Welt zu geben.“ Recht hat er! Das findet auch der berühmteste spanische Krimischreiber Manuel Vazquez Montalban, der bescheiden anmerkte: „Im Augenblick gibt es nur wenige Vertreter des authentischen Kriminalromans. Juan Madrid ist einer der beiden.“ (Elster Verlag)
Karl Wegmann
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