Rabin möchte freiere Hand

Israels Verteidigungsminister will Ausweisungen und die Zerstörung palästinensischer Häuser erleichtern / Hundert Kollborateure seit Beginn des Aufstands von Palästinensern getötet  ■  Aus Tel Aviv Amos Wollin

Der israelische Verteidgungsminister Jizchak Rabin hat die Revision bestehender Gesetzte gefordert, um noch härter gegen die aufständischen Palästinenser in den besetzten Gebieten vorgehen zu können. Nachdem bereits am vergangenen Freitag die Verlängerung der sogenannten Administrationshaft von sechs Monaten auf ein Jahr beschlossen worden war, forderte Rabin jetzt, die Prozeduren für die Zerstörung von Häusern und die Ausweisung von Palästinensern zu vereinfachen und zu beschleunigen.

Juristische Berater der Regierung in militärischen und Sicherheitsfragen kamen am Montag zusammen, um das Ansinnen Rabins zu prüfen. Ungeachtet einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, die den bertoffenen Palästinensern das Recht auf Einspruch zugesteht, propagiert Rabin weiter „schnelle und effektive Strafmaßnahmen“ ohne jedwede Verzögerungen oder „Hindernisse“.

Palästinensische Rechtanwälte protestierten unterdessen gegen neue Repressalien gegen die Bevölkerung der besetzten Gebiete. Nach Berichten von Einwohnern des Dorfes Jaabed in der Nähe von Jenin (Westbank) seien zwanzig bewaffnete Palästinenser, die für ihre Zusammenarbeit mit der Besatzungsmacht bekannt seien, in den Ort eingedrungen und hätten Schüsse abgefeuert, Bewohner angegriffen und Häuser verwüstet. Dies ist nur einer von mehreren Vorfällen in den letzten Tagen, bei denen Mitglieder bewaffneter arabischer Milizen im Dienste der Behörden die örtliche Bevölkerung bedrohen und einschüchtern, um sie von einer Beteiligung am Aufstand abzuhalten.

Gleichzeitig gehen aufständische Palästinenser in den besetzten Gebieten verstärkt gegen sogenannte Kollaborateure vor. Sie werden der Zusammenarbeit mit den Besatzungsbehörden oder der Tätigkeit für den Geheimdienst verdächtigt. In einigen Fällen wurden den Getöteten auch Drogenhandel, Betrug oder andere „unmoralische Aktivitäten gegen das Volk“ vorgeworfen. Seit Beginn des Aufstands im Dezember 1987 wurden etwa hundert sogenannter Kollaborateure getötet. Die Untergrundführung des Aufstands ist sich der Problematik derartiger „Todesurteile“ offenbar in jüngster Zeit bewußt geworden. In ihrem letzten Kommunique forderte sie die Bevölkerung auf, mit mehr Umsicht vorzugehen und „Hinrichtungen“ nur im Falle einer eindeutigen Kollboration vorzunehmen. Presseberichten zufolge werden offenbar „ernsthafte Untersuchungen“ durchgeführt. In Tulkarem in der Westbank sei ein Bericht über die Hintergründe einer „Hinrichtung“ verteilt worden.