Doppeltes Lottchen bei Niedersachsen-REPs

Zwei Parteiführungen und völlige Konfusion nach der Amtsenthebung des niedersächsischen Landesvorstandes um den Ex-NPDler Norbert Margraf / Will Schönhuber den CDU-Landtagsabgeordneten und Wahlfälscher Kurt Vajen rüberziehen?  ■  Von Jürgen Voges

Hannover (taz) - „Die wollen doch demokratisch sein und gerade keine Führerpartei“, schimpfte der Sprecher des mehr oder minder amtierenden Landesvorstandes der niedersächsischen „Republikaner“, als ihm am Donnerstag nachmittag endlich schriftlich die Begründung für die Absetzung seines Vorstandes auf dem Tisch lag. „Ich bekräftige infolgedessen kraft Amtes die Ihnen bereits telegraphisch übermittelte Amtsenthebung des Landesvorstandes Niedersachsen“, hatte die zur Zeit amtierende stellvertretende Bundesvorsitzende der REPs, Johanna Grund, dem langjährigen Republikanerchef des Landes, Norbert Margraf, per Einschreiben aus Altötting mitgeteilt.

Der verwirrende Machtkampf zwischen dem Vorstand der niedersächsischen REPs und seinen von der Münchner Zentrale unterstützten Gegnern im Landesverband wird inzwischen nur noch über Parteiordnungsverfahren ausgetragen. In einem einzigen Satz, per Telegramm zugestellt, hatte Schönhubers Stellvertreterin, Johanna Grund, zu Wochenbeginn dem Landesvorstand kurz und schmerzlos seine Absetzung von oben verkündet. Auch der folgende Suspendierungsbescheid bemühte erst gar nicht die Parteisatzung der Rechtsradikalen, sondern nannte als Grund für die rote Karte nur Befehlsverweigerung: Der niedersächsische Landesvorstand um den EX-NPD-Funktionär Margraf habe „eine Weisung des Bundespräsidiums vom 10. August ignoriert“, nach der er die Parteiordnungsmaßnahmen gegen 14 niedersächsische Margraf -Opponenten aufzuheben habe. Basta.

Die Verwirrung komplett machte schließlich eine Presseerklärung von Schönhuber persönlich: Darin behauptet er, seine Stellvertreterin habe die Absetzung des Vorstandes im Alleingang verfügt, forderte „so rasch wie möglich“ einen niedersächsischen Landesparteitag, um einen neuen Vorstand zu wählen. Gleichzeitig wiederholte Schönhuber aber seine auch gegen Margraf gerichtete Forderung, daß eine Minderheit aus der NPD stammender Republikaner die Partei „möglichst schmerzlos“ verlassen müsse.

Auch in der Münchner Parteizentrale ist nicht mehr klar, ob in Niedersachsen nun weiterhin der Landesvorstand oder der von München aus eingesetzte „Landesbeauftragte“, der hannoversche Hauswirtschaftsprofessor Bernd Tschammer-Osten, amtiere. Der Sprecher des Bundesvorstandes Harald Neubauer jedenfalls legte sich erst nach dreimaligem Nachfragen auf die Aussage fest, daß „die Amtsenthebung in Kraft bleibt“.

Der Streit bei den Niedersachsen-REPs hatte damit begonnen, daß zuerst die NPD-Vergangenheit des Vorsitzenden Margraf und danach eine Anklage der Staatsanwaltschaft Hannover gegen den Polizeibeamten und Vorsitzenden des Kreisverbandes Hannover-Land, Werner Rieb, bekanntgeworden war. Rieb, dem die Staatsanwaltschaft Großhandel mit gestohlenen Autoradios vorwirft, ist auf die Veröffentlichung der Vorwürfe hin vom Landesvorsitzenden aufgefordert worden, seine Parteiämter niederzulegen. Daraufhin soll sich der Celler REP -Vorsitzende und JVA-Bemate Köhler - „ein Schließer, der Schulden gemacht hat und schon vom Posten des Justizministers träumt“ - mit Rieb solidarisiert haben. Gemeinsam machten sie Front gegen den 29jährigen Möbelfabrikanten Margraf und fanden weitere Bundesgenossen. Nach einem Treffen von Funktionären aus acht Kreisverbänden wurde Margraf öffentlich als „Mini-Diktator“ tituliert.

Es folgten sofortige Parteiordnungsmaßnahmen des Landesvorstandes nach 8c der Satzung gegen elf Funktionäre, was wiederum zum Protest von acht Kreisverbänden bei der Münchner Parteizentrale und schließlich zu einer Reise einiger der Gemaßregelten zu Schönhuber persönlich führte.

Mit der Amtsenthebung der Gruppe um Margraf hat das Bundespräsidium der REPs aber nur scheinbar zu dem gleichen Mittel gegriffen wie die nicht weniger autoritären niedersächsischen Parteiführer. Der Ordnungsparagraph 8, den auch die Bundesgeschäftsführerin als Grundlage der Vorstandsenthebung nennt, stellt ausdrücklich nur auf einzelne Mitglieder, nicht aber auf ganze Vorstände ab, was auch Schönhuber inzwischen aufgefallen sein muß. Satzung hin, Satzung her, am Ende entscheidet das Machtwort des großen Vorsitzenden.

Einen Termin für den nächsten niedersächsischen Parteitag der REPs gibt es währenddessen immer noch nicht. Der vorläufige Landesbeauftrage, Ex-CDU-Mitglied Tschammer -Osten, will einen Parteitag am 9. September, der halbamtierende Parteivorstand erst Ende des Monats. Tschammer-Osten fürchtet, daß bis dahin das von Margraf -Anhängern beherrschte niedersächsische Parteischiedsgericht die inzwischen 14 vom Landesvorstand gemaßregelten Margraf -Gegner ausgeschlossen haben könnte. Parteichef Schönhuber glänzt derweil durch ganz andere Aktivitäten in Niedersachsen. Am gestrigen Freitag soll er sich mit dem rechtskräftig wegen Wahlfälschung verurteilten CDU -Landtagsabgeordneten Kurt Vajen getroffen haben. Thema des Gesprächs: der Übertritt von Vajen zu den „Republikanern“ und das Ende von Albrechts Einstimmen-Mehrheit.