: Medellin-„Finanzchef“ geschnappt
■ Eduardo Martinez Romero ist der erste große Fisch im Netz der kolumbianischen Drogenrazzia: Testfall für die Auslieferung in die USA / Präsident Barco will keine US-Truppen als Helfer
Bogota (afp/ap/dpa/taz) - Bei der Großrazzia nach der Ermordung des liberalen Präsidentschaftskandidaten in Kolumbien scheint entgegen erster Darstellungen doch ein dicker Fisch ins Netz gegangen zu sein. Unter den über 10.000 Festgenommenen befindet sich auch der Finanzchef des „Kartells von Medellin“, Eduardo Martinez Romero. Er wurde zusammen mit 23 mutmaßlichen Drogenbanditen in einer Hazienda nahe Tolu an der Karibikküste des Landes festgenommen. Von Martinez, gegen den ein Haftbefehl der US -Justiz vorliegt, erhoffen sich die Fahnder Aufklärung über die weit verzweigten Geschäfte der Kokainbosse von Medellin. Das Kartell kontrolliert nach Angaben von Experten etwa 80Prozent des auf der Welt illegal gehandelten Kokains. Sein Jahresumsatz wird auf rund 20 Milliarden Dollar geschätzt. Beobachter rechnen jedoch nicht damit, daß einer der Bosse des Kartells gefaßt wird, da diese wahrscheinlich ähnlich wie 1984 bei der Großfahndung nach der Ermordung des Justizministers Rodrigo Lara Bonilla sich zunächst einmal ins Ausland absetzen.
Die US-Regierung hat nach Angaben der Drogenbehörde DEA eine Liste mit 50 bis 100 Kolumbianern, die wegen Drogendelikten vor amerikanische Gerichte gebracht werden sollen. Von den Drogenbossen ist erst einer hinter US-Gitter festgesetzt: Carlos Lehder. Er war von seiner Konkurrenz verraten und dann kurz vor der Annullierung des Auslieferungsabkommens durch das oberste Gericht Kolumbiens 1987 an die USA ausgeliefert worden. Mit der Ausrufung des Belagerungszustandes nach der Ermordung Galans am Freitag setzte Präsident Barco an der Justiz vorbei das Auslieferungsabkommen wieder in Kraft.
Barco lehnte allerdings eine von US-Justizminister Thornburgh angeregte Entsendung von US-Truppen nach Kolumbien ab. Er halte dies „nicht für nötig“, teilte er dem Weißen Haus telefonisch mit. Bush hatte diese Möglichkeit schon am Wochenende als Option angesprochen, auf die er „nur ungern“ einsteigen würde.
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