: Tempolimit
■ Grausame Langeweile bei Blau-Weiß‘ 1:0-Sieg über Aachen / The Big Sleep: Verzicht auf Autobahn-Raserei brachte Hertha ersten Auswärtssieg nach fast einem Jahr
Auf ungewöhnliche Weise erfolgreich verlief für beide Berliner Zweitliga-Clubs das Fußball-Wochenende. Während Blau-Weiß sich in einem furchtbar langweiligen Spiel glücklich gegen die Alemannen aus Aachen durchsetzte, gelang den Herthanern bei Erstliga-Absteiger Hannover überraschend der erste Auswärtssieg seit Oktober letzten Jahres. Damit sind beide Teams immer noch in der Spitzengruppe der Tabelle zu finden.
Bernd Schumms Ehrlichkeit brachte auch keinen Trost. „Es tut mir leid, wir haben 90Minuten lang schlecht gespielt“, entschuldigte sich der Blau-Weiß-Trainer nach dem Spiel. Potentielle Fußballfans schienen es geahnt zu haben, denn nur 3.500 wollten sich das Gekicke antun. Die Schuld daran traf aber dieses Mal nicht nur die Gäste, sondern auch die Blau-Weißen, die sich durch einschläfernde Lustlosigkeit beim Balltreten hervortaten. Der einzige, der im Viertelstundentakt die Zuschauer weckte, war Libero Levy, der mit verschiedenen Freistoßvarianten die Stabilität von Torlatte oder Torwart Kaus Händen testete.
Zum ersten Mal Stimmung gab es in der Halbzeit, als die Zwischenergebnisse der anderen Spiele bekannt gegeben wurden. Pünktlich zum Anpfiff der zweiten Hälfte ging der sinnlose Kampf gegen den Schlaf weiter, in der unbegründeten Angst, etwas zu verpassen, denn außer Fehlpässen und mißglückten Flanken war nichts zu sehen, zum Glück allerdings auch kein stures Mauern wie bei den anderen Gästemannschaften, die in dieser Saison bisher in Berlin antraten.
Schlagartig wurde kurz vor Schluß alle Lethargie beendet. Unfaßbares war geschehen; Aachens Keeper Kau hatte dem vom Tor weglaufenden Adler ein Bein gestellt, alle seine Schwüre auf Steine, Beine und die Ehre der Familie nützten nichts es gab Elfmeter, den Dinauer in seiner ersten sehenswerten Aktion zum Siegtreffer verwandelte. Der müde Jubel nach dem Schlußpfiff wandelte sich in ungläubige Freunde, als das Ergebnis aus Hannover bekannt wurde.
Dort hatten die Herthaner das Kunststück vollbracht, zum ersten Mal seit fast einem Jahr auswärts (0:2) zu gewinnen. Dabei kamen ihnen die Gastgeber mit ihrer Hühnerhaufentaktik in der Abwehr etwas entgegen, die Rinke schon nach wenigen Minuten nutzte, als er aus einem Gewühl heraus mit der Pike den Ball ins Tor kullern ließ. In der Folgezeit dann das alte Hertha-Spiel: viele Chancen, wenig Tore. Nur Gries traf noch einmal, als auch Hertha einen Elfmeter schießen durfte. Besonders positiv war, daß Torwart Walter Junghans wieder ansteigende Form zeigte und einige Bälle sicher fing.
Das Geheimnis der Erfolges verriet Hertha-Trainer Werner Fuchs: „Früher sind wir immer über die Autobahn zum Stadion gefahren, diesmal über die Dörfer.“ Vielleicht stehen die Erfolge im Fußball ja mit dem Tempolimit auf der Avus in Verbindung.
Schmiernik
Blau-Weiß 90 Berlin: Gehrke - Levy - Haller, Schmidt Holzer, Kutschera, Schlumberger, Wagner (35. Motzke), Brefort (62. Gartmann) - Adler, Dinauer
Alemannia Aachen: Kau - Buschlinger - Krisp, Dämgen Trares, Zschau, Lipka, Krella, Gresens (82. Jelic) - Bunk, Zimmermann (67. Zumbe)
Hannover 96: Sievers - Wojcicki - Marmon, Geils - Surmann, Bicici, Groth (72. Pagelsdorf), Heemsoth, Prange (55. Orkas) - Heisig, Reich.
Hertha BSC Berlin: Junghans - Greiser - Jakobs, Niebel (56. Kaminski) - Lünsmann, Rinke, Mischke, Gowitzke, Patzke Gries, Kuhlow (76. Kurtenbach).
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