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DDR-Kirchenfürsten mahnen Reformen an

Ost-Berlin (ap) -Die Spitze der Evangelischen Kirche der DDR hat bei Staats- und Parteichef Honecker demokratische Reformen angemahnt. In einem Schreiben, das am Sonntag nach Einschätzung von Kirchenkreisen vor mehreren 100.000 Gläubigen in der gesamten DDR von den Kanzeln verlesen wurde, bitten die Kirchenführer in moderaten Worten um offene Diskussionen, mehr Pressefreiheit und weniger Bevormundung. Reisen müsse es auch ohne Verwandtschaft im Westen geben, und frühere DDR-Bürger sollten in ihre Heimat zurückkehren dürfen. Der Brief gilt in Kirchenkreisen als die bisher offenste Kritik an der DDR-Führung.

Die Konferenz der Kirchenleitungen äußerte sich in dem Brief „beunruhigt und betroffen“ über die große Zahl von Ausreisewilligen und die Massenflucht in Ungarn. Die Kirche sei ratlos. Kurzfristig habe sie auch kein Rezept für eine Lösung dieser Probleme. Ursache für die Ausreiseanträge sei aber, daß „von den Bürgern erwartete und längst überfällige Reformen prinzipiell verweigert werden“. Es sei „unabdingbar und dringlich, in unserem Land einen Prozeß in Gang zu setzen, der die mündige Beteiligung der Bürger an der Gestaltung unseres gesellschaftlichen Lebens und eine produktive Diskussion der anstehenden Aufgaben in der Öffentlichkeit sichert und Vertrauen zur Arbeit der staatlichen Organe ermöglicht“, heißt es in dem Brief. Kommentar auf Seite 8

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