: Daimlers „Ja“ aus dem Nobelhotel
Chef Edzard Reuter: Auflagen „gerade noch hinnehmbar“ / Schwierigkeiten mit Bremen und Hamburg sollen bis zum Jahresende ausgeräumt werden / Keine Standort- und Arbeitsplatzgarantien ■ Aus Stuttgart Uwe Rosentreter
Zwar waren die von Bundeswirtschaftsminister Haussmann erteilten Auflagen noch bis in die Morgenstunden überprüft worden - doch das bei der gestrigen Pressekonferenz ausgerechnet im Stuttgarter Nobelhotel „SI“ präsentierte Ergebnis war dann doch die erwartete Entscheidung. „Wir respektieren die für die Auflagen maßgeblichen ordnungspolitischen Erwägungen“, sagte Daimler-Chef Edzard Reuter. Sie seien „gerade noch hinnehmbar“. Einziger Vorbehalt ist nun, daß auch die Gesellschafter von Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB) zustimmen. Die hinsichtlich der Bundesländer Bremen und Hamburg noch offenen Fragen (siehe Seite 9) will Daimler-Chef Reuter bis Ende '89 vom Tisch haben.
So macht sich das Unternehmen sofort daran, die lang ersehnte Umstrukturierung der europäischen Luft- und Raumfahrtindustrie zu verwirklichen. Das konzerninterne Entscheidungsträger-Karussell wird sich in Kürze zu drehen beginnen. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Deutschen Aeorspace (Dasa) Johann Schäffer soll den Vorsitz bei Messerschmitt-Bölkow-Blohm übernehmen, der bisherige MBB -Chef Hanns Arnt Vogels wird in den Aufsichtsrat der Dasa überwechseln.
Zu dem vom Bundeswirtschaftsminister auferlegten Verkauf der Marinetechnik sagte Dasa-Chef Schrempp, daß man jetzt zwei Jahre Zeit habe, für die Beschäftigten in Bremen und Hamburg „eine sozial- und regionalpolitisch saubere Lösung zu finden“. Dazu stellte Reuter noch einmal klar, daß es keinerlei Standortgarantien gebe; denkbar sei aus der Sicht der Konzernleitung ausschließlich eine an betriebswirtschaftlichen Gründen orientierte Lösung. In den nächsten Wochen solle mit den betreffenden Regierungen gesprochen werden, sagte Reuter weiter.
Zur Europäisierung des Konzerns drückte sich Reuter sehr vorsichtig aus. Zwar seien zur Stärkung bestimmter Geschäftsfelder vertiefte Kooperationen und gegenseitige Beteiligung möglich, die in der Diskussion befindliche Überkreuzbeteiligung mit dem französischen Matra-Konzern beruhe jedoch auf einem Mißverständnis. In diesem und dem kommenden Jahr sei nichts Konkretes geplant, obwohl mit Kooperationen angestrebt werde, von US-amerikanischen Geschäftspartnern ernst genommen zu werden.
Finanziell verkraften wird der Daimler-Benz-Konzern den 1,7 -Milliarden-Einstieg bei MBB ohne weiteres, weist doch allein die Bilanz des ersten Halbjahres '89 einen Gewinn nach Steuern von 830 Millionen Mark aus. Auf das ganze Jahr 1988 waren es insgesamt 1,7 Milliarden Mark.
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