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DDR'ler besetzen Bremer Kaserne

■ 200 Flüchtlinge kommen bei der Bundeswehr unter / DRK startet große Sammelaktion

In der Scharnhorst-Kaserne in Huckelriede gingen gestern merkwürdige Telefonanrufe ein: Ob man nicht sinnvolle Beschäftigung für ihn hätte, wollte ein Arbeitsloser wissen; andere boten ganze Kühlschränke und Kleidung gleich säckeweise an. Nicht, daß bundesdeutsche Soldaten neuerdings frieren oder gar hungern müßten, nein. Die Hilfsbereitschaft gilt den anderen Deutschen, denen aus der DDR, die mit Bus, Bahn und Trabbi unterwegs sind und ab morgen auch in Bremen erwartet werden.

In der Kaserene rufen hilfsbereite BremerInnen an, weil nun möglich wurde, was monatelang nicht ging. Auf einmal entdeckte das Bundesverteidigungsministerium auf der Bonner Hardt-Höhe sein Herz für neu-bundesdeutsche BürgerInnen und meldete den Sozialämtern leerstehende Kasernen, in Bremen eben die Scharnhorst-Kaserne in Huckelriede. Und so kann sich Bremens Sozialsenator Henning Scherf diese Woche seine zerknautschte Mine sparen, die er ansonsten bei der Einweihung von Zeltlagern für AussiedlerInnen aus Polen aufzusetzen pflegt.

Bei Bundeswehrs ist alles in bester Ordnung. Der Kasernenblock, Baujahr 1936, ist gerade renoviert. Die Zimmer sind hell und sollen auch nur mit jeweils zwei bis höchstens drei DDR-Flüchtlingen belegt werden. Und daß die durch nächtliches Machinengewehrgeballere oder Kasernenhofton belästigt werden, steht

auch nicht zu befürchten: In der Scharnhorstkaserne ist ausschließlich Bundeswehrverwaltung und -schule untergebracht. Allzu innig soll die Nachbarschaft, die erstmal bis zum 28. Februar befristet ist, allerdings nicht werden: Gestern nachmittag waren Arbeiter fleißig dabei, einen Zaun zwischen alter Kaserne und neuem Wohnblock zu ziehen.

Die Bundeswehr als Vermieter nun gut: Aber Sozialamt möchte man in der Scharnhorstkaserne denn doch nicht spielen. Mit der Betreuung der Ex.DDR'ler wurde deshalb gestern morgen das Deutsche Rote Kreuz beauftragt. Das DRK bemüht sich seitdem 250 Betten, Gardinen und sonstige Einrichtungsgegegnstände zu besorgen und hofft, daß BremerInnen in den nächsten Ta

gen alles spenden, was nicht niet- und nagelfest ist. Die ersten DDR-Flüchtlinge werden spätestens morgen erwartet. Und in einer Woche, so vermutet DRK-Chef Klaus Pietsch, kann die Kaserne bereits voll belegt sein. Von der Bundeswehr ist weitere Hilfestellung dann nicht zu erwarten. Die anderen Kasernen werden alle zum Vaterlandschützen gebraucht.

hbk

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