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Zu Späth

Bremer CDU-Parteitag als Vollendung Kohlscher Personalpolitik  ■ K O M M E N T A R E

Darauf ist bei der CDU noch allemal Verlaß: auf den nachhallenden Knall, mit dem die Fallengelassenen unten aufschlagen. Späths Abwahl - so muß man es schon nennen ist keine Richtungsentscheidung der CDU. In dieser Partei wird noch immer Mangel an Fortune bestraft. Das muß insbesondere deswegen betont werden, weil in die politische Figur Späth von links ein Menge mehr hineingelesen wurde, als herausgelesen werden konnte. Als Exponent politischer Transversalen, als Akteur neuer Koalitionen über die bisherige Parteienlandschaft hinaus wurde er gewiß überschätzt. Schon gar nicht war er der Visionär jener doch ein wenig schimärischen Modernisierungsfraktion der CDU. Aber gewiß war er der alerte Kommunikator und umtriebige Generalvertreter eines exportstarken Bundeslandes, der die Entwicklungen der Welt mindestens so unvoreingenommen wahrnehmen mußte wie die wichtigsten Aufsichtsratsvorsitzenden im Ländle. Aber etwas Vertreterhaftes war immer spürbar. Doch das erklärt natürlich nicht seine Niederlage und schon gar nicht diese Niederlage angesichts der Wahl jener Lemuren, jener mürben Ex-Kronprinzen Stoltenberg, Albrecht und Wallmann.

Wenn die Gerüchte stimmen, dann haben die Parteitagsmitglieder Absprachen zwischen den Landesverbänden mißachtet. Mit anderen Worten: die Niederlage war ein veritabler Racheakt der Partei. Späth war zulange der vorsichtige Kohlmörder, der zur Tat getragen werden wollte. Er ist als zögernder Frondeur, als erfolgloser Erfolgsträger bestraft worden. Geißlers milungene Rebellion war seine letzte Chance gewesen, allerdings auch allzuspäte Chance, eine personelle Alternative zu Kohl aufzubauen. Es ist bekannt, wie gering die Partei ihre Machterhaltungschancen unter Kohl beurteilt. Seine Führung ist mehr von Existenzangst als von Optimismus getragen. So mußte die Wut den treffen, der vorsichtshalber die letzte Chance verstreichen läßt, gegen Kohl anzutreten. Einen Späth, der während der nächsten Wahlkämpfe indirekt zu verstehen gibt, daß er der bessere Kandidat sei, braucht man nicht.

Mit der Wahl des Präsidiums hat die CDU bewiesen, daß sie alle inhaltlichen Fragen der Machterhaltung immer noch instinktsicher unterzuordnen weiß. Das Präsidium ist jetzt das eines reinen Kanzlerwahlvereins. Personen, die das kritische Verhältnis zwischen Volkspartei und Regierungspartei repräsentieren, wie Ulf Fink, wurden gleichermaßen verbannt. Insofern war der Bremer Parteitag der CDU die Vollendung der Personalpolitik Kohl, der letzte umfassende Triumph des erfolgreichsten Personalpolitikers der Nachkriegsgeschichte. Kohl geht ohne inhaltliche und personelle Alternativen in die nächsten Wahlkämpfe. In diesem Triumph ähnelt sein Lebenswerk dem Honneckers. Dieser Parteitag hat die Debatte um die Zukunft der CDU erst einmal ausgesetzt. Es geht nicht um die Zukunft der CDU, sondern um den Machterhalt. Der Parteitag hat angesichts der drohenden Wahlniederlage die alte Angst den neuen Ängsten vorgezogen. Hierzulande treibt eben die Gefahr nicht den Mut, schon gar nicht die Ideen, sondern immer wieder nur die Nibelungentreue hervor.

Klaus Hartung

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