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„Er hat Brücken gebaut“

Anton Lubowski, der erste Weiße, der 1984 der Swapo beitrat, ist in Windhuk ermordet worden / Der Rechtsanwalt war als zukünftiger Justizminister Namibias im Gespräch  ■ P O R T R A I T

Aus Kapstadt Hans Brandt

Anton Lubowski, als stellvertretender Verwaltungsdirektor der Wahlorganisation ranghöchster Weißer in der südwestafrikanischen Volksorganisation Swapo, wurde am Dienstag abend vor seinem Haus in Windhuk, der Hauptstadt Namibias, ermordet. Rechtsanwalt Lubowksi, der wiederholt telefonische Todesdrohungen erhalten hatte, war 1984 der erste Weiße, der sich der Organisation anschloß. Die Ermordung folgte kurz nachdem am Sonntag ein weißer Polizist in Otjiwarongo, 300 Kilometer von Windhuk, von Schwarzen zu Tode gesteinigt worden war. Lubowskis Tod überschattet die heutige Rückkehr des Swapo-Präsidenten Sam Nujoma nach Namibia.

„Lubowski hat in diesem geteilten Land Brücken gebaut zwischen Schwarzen und Weißen“, sagte gestern Hage Geingob, Leiter der Swapo-Wahlkampagne in Namibia. Geingob war schwer betroffen. „Wir sollten uns am Dienstag abend zum Dinner treffen. Ich saß hier und wartete auf ihn, da kam der Telefonanruf“, sagte er. „Dies ist ein großer Verlust für Swapo und Namibia.“

Die unbekannten Attentäter benutzten offenbar eine Kalaschnikoff, automatisches Gewehr russischer Herkunft. Von mehreren Kugeln im Kopf getroffen brach Lubowski sofort tot zusammen. Die Polizei errichtete Straßensperren um Windhuk auf der Suche nach dem Auto der flüchtenden Attentäter.

Der UNO-Sonderbeauftragte in Namibia, Martti Ahtisaari, sei „entsetzt über diese terroristische Tat“, sagte ein Sprecher der UNO. Ahtisaari wollte sich gestern dringend mit Sicherheitsberatern treffen. Auch der UNO-Generalsekretär de Cuellar verurteilte den Mord. Louis Pienaar, der südafrikanische Generalverwalter in Namibia, sprach von einer „schrecklichen Tat“ und appellierte an alle Namibier, Ruhe zu bewahren. „Einschüchterung und Gewalt in allen Formen sollten verhindert werden“, sagte Pienaar. Der Administrator, der infolge des Unabhängigkeitsplanes für Recht und Ordnung in Namibia verantwortlich ist, kündigte eine Untersuchung des Mordes an.

Lubowski wurde am selben Tag ermordet, an dem sich elf Parteien für die Wahl für die Unabhängigkeitswahl am 6. November registriert hatten. Mehrere Parteien, darunter Swapo und ihre wichtigste Kontrahentin, die Demokratische Turnhallen Allianz (DTA), hatten auch einen Verhaltenskatalog für den Wahlkampf unterzeichnet, in dem sie sich für einen friedlichen Wahlkampf ausgesprochen hatten.

Der 37jährige Lubowski war ein gebürtiger Namibier, der das charakteristische „südwester Deutsch“ mit vielen verdeutschen Worten der burischen Sprache Afrikaans sprach. Er hatte wie alle weißen Männer seinen Wehrdienst in der südafrikanischen Armee geleistet, bevor er sich 1984 als erster Weißer der Swapo anschloß. Er war einer der führenden Vertreter der Organisation innerhalb Namibias, Vertrauter des Swapo-Präsidenten Nujoma und Mitglied des Zentralkomitees der Organisation. Als Weißer konnte er sich verhältnismäßig frei zwischen Namibia und dem Ausland bewegen. So konnte er den Kontakt zwichen der Swapo-Führung im Exil und den internen Aktivisten der Organisation aufrechterhalten.

Lubowski spielte vor allem eine entscheidende Rolle bei der Gründung der oppositionellen schwarzen Gewerkschaften in Namibia. Als Rechtsanwalt befaßte er sich mit den Verfassungen der verschiedenen Organisationen und kümmerte sich um finanzielle Angelegenheiten. Aber Lubowski war als Rechtsanwalt auch in Südafrika aktiv. Er war Verteidiger in dem Verfahren gegen die „14 von Upington“, die für einen angeblichem Mord an einem schwarzen Polizisten nach Protesten gegen schlechte Lebensbedingungen zum Tode verurteilt wurden. Die 14 erhielten diese Woche die Erlaubnis, gegen das Todesurteil Berufung einzulegen. Auch im Zusammenhang mit den andauernden blutigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern des Anti-Apartheid -Bündnisses Vereinigte Demokratische Front (UDF) und der Gewerkschaftsföderation Cosatu war Lubowski als Rechtsanwalt tätig. In letzter Zeit hatte Lubowski sich an der Ausarbeitung neuer Gestze für ein unabhängiges Namibia beteiligt. Er war im Gespräch als möglicher Justizminister in einer Swapo-Regierung.

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