Weniger Geld für mehr Aussiedler

■ Bundesregierung will Arbeitslosenunterstützung für Aus- und Übersiedler kürzen / Bundesanstalt für Arbeit soll 430 Millionen einsparen / SPD: Heuchelei und Pharisäerei / Entscheidung über „Anreize für Vermieter“ auf Arbeitsgruppen vertagt / Neue Staus an der Grenze

(ap/dpa/taz) - Das laute Willkommensgeschrei der Bundesregierung zur Begrüßung von Aus- und Übersiedlern wird zusehends leiser, die Zugeständnisse an die Murrenden im eigenen Land deutlicher. Erwerbslose Aus- und Übersiedler sollen künftig statt Arbeitslosenunterstützung ein Jahr lang ein Eingliederungsgeld in Höhe von monatlich 928 Mark (Ledige) oder 1.011 Mark (Verheiratete) erhalten, wenn sie im Herkunftsland mindestens fünf Monate als Arbeitnehmer beschäftigt waren. Das sieht ein Gesetzentwurf vor, der gestern in erster Lesung im Bundestag beraten wurde. Dadurch würde die Bundesanstalt für Arbeit 430 Millionen Mark einsparen. Das sogenannte „Eingliederungsanpassungsgesetz“ sieht ferner vor, für „zurückgelassenen Haushalt“ künftig pauschal 1.400 Mark zu zahlen und den Familiennachzug bei Aussiedlern nach dem Ausländerrecht zu regeln.

Als Begründung für die Leistungskürzungen sagte Innenminister Schäuble, die Bundesregierung wolle „die Quellen von Neid und Mißgunst verstopfen“. In der Debatte warf der SPD-Abgeordnete Ottmar Schreiner der Regierung „pure Heuchelei und Pharisäerei“ vor: Einerseits hänge Schäuble Willkommensgirlanden für Aus- und Übersiedler auf, andererseits mißbrauche er sie als „Sparbüchse der Nation“. Es sei zu befürchten, daß immer mehr Aus- und Übersiedler in die Abhängigkeit von Sozialhilfe gerieten. Die Grünen bemängelten, daß ein Eingliederungsgesetz für Flüchtlinge aus der Dritten Welt nicht geplant sei.

Vor der Parlamentsdebatte hatte die Bonner Koalitionsrunde eine Entscheidung über finanzielle „Anreize“ zur Schaffung fehlenden Wohnraums vertagt. Eine von Bauministerin Hasselfeldt und Finanzminister Waigel geleitete Arbeitsgruppe soll zügig folgende Vorschläge prüfen: Prämien für Wohnungseigentümer, die an Übersiedler vermieten, Mietgarantien, Förderung von Selbsthilfemaßnahmen beim Wohnungsausbau. Bei dem letztgenannten Vorschlag geht es nach 'dpa'-Interpretation darum, „die Grenzen für die Schwarzarbeit nicht zu eng zu ziehen“.

Unterdessen wächst wieder die Zahl der ungarisch -österreichischen Grenzgänger. Österreichische Grenzpolizisten zählten seit der Öffnung der ungarischen Grenze am vergangenen Montag 13.150 Ausreisende.

peb