: Verharmlosung-betr.: "Regierung muß sich emanzipieren", taz vom 9.9.89
betr.: „Regierung muß sich emanzipieren“, taz vom 9.9.89
Nachdem das einzig existente Imperium unserer Zeit, nämlich das kapitalistische, Polen bereits ideologisch (Kirche) und wirtschaftlich (Kreditabhängigkeit) seit langem im Griff hat, geht es nunmehr zur politisch-institutionellen Gleichformung des Landes über. Einheimische PolitikerInnen, die da nicht recht mitziehen wollen, werden in der üblichen Sprachregelung flugs als „Reformgegner“ bezeichnet; die Übereifrigen geben noch einen drauf und sprechen von „Stalinisten“.
Letzteres ist an sich schon eine ziemlich unerträgliche Diffamierung und obendrein eine Verharmlosung des wirklichen Stalinismus (etwa der Jahre 1936-39). Wenn aber ausgerechnet noch jemand wie Semler, der mit seiner Operetten-KPD fast ein Jahrzehnt lang Stalin als im Vergleich zu den „Sozialimperialisten“ Chrutschow und Breschnew recht akzeptablen Politiker propagierte, nun in Polen 1989 „stalinistische Chefbürokraten“ ausmachen zu müssen meint, kann einem nur noch schlecht werden.
Manfred Kress, Hannover
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
