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Macht ja nix

Zur Justizaffäre „Räumung Gitschiner Straße 87“  ■ K O M M E N T A R

Macht nix, macht alles nix... Da können Mieter Namensschilder an der Türe haben. Da können sich Anwälte im Treppenhaus verzweifelt der brachialen Staatsgewalt in den Weg stellen und auf rechtmäßige Mietverhältnisse pochen. Da können Mieterlisten tagelang auf den Amtsschreibtischen liegen. Da kann vorher genügend Zeit für Recherchen sein und sogar Zugriff zum Einwohnermelderegister bestehen.

Macht alles nix: Man braucht es nur zu halten wie die drei berühmten Äffchen: im geheimen mit den Vertretern einer überaus dubiosen Spekulantengruppe auf dem Polizeiabschnitt Verschwörer spielen. Nix sagen, nix sehen - und nix hören (wollen). Dann wird alles gut: Denn dann befindet man sich im „unvermeidbaren Verbotsirrtum“ oder im „Tatbestandsirrtum“ -, und flugs läßt es sich „gegen Unbekannt“ ermitteln und durchsuchen.

Klar, daß man dann im ebenfalls unvermeidbaren Irrtum auch noch Durchsuchung mit Räumung verwechseln darf. Keiner kann einem. Voraussetzung: mehrjähriges Jurastudium und langjährige Erfahrung im Justiz- oder Polizeidienst. Am besten auch noch in einer Spezial-Abteilung für „Politisches“, deren Daseinsberechtigung ja ausdrücklich im Spezialistentum liegen soll. Klar, daß man dort keine Ahnung von echten und falschen Hausbesetzungen haben muß. In Berlin schon gar nicht. Hauptsache das (Anti-Berliner-)Weltbild stimmt.

Solange der rot-grüne Senat weiter zaudert, die stramm rechte Abteilung endlich aufzulösen und auf Sinnvolleres loszulassen, muß man sich eigene „unvermeidbare Irrtümer“ weiter gut überlegen. Unvermeidbar unwissend könnte man aber schon einmal von einer Bananenrepublik-Justiz sprechen oder ist das verboten? (Siehe auch Artikel letzte Seite)

Thomas Kuppinger

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