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Schmerzensgeld für Paule L.

■ Das Land Berlin muß dem Opfer eines Polizeieinsatzes 50.000 Mark Schmerzensgeld zahlen

Der Prozeß des stadtbekannten Paule (69) gegen das Land Berlin endete gestern mit einem Vergleich: Das Landgericht verurteilte das Land zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 50.000 Mark, zehn Prozent der Prozeßkosten muß Paule selbst tragen. Der Ausgang des Verfahrens kam durchaus überraschend, da noch am ersten Prozeßtag die Möglichkeit eines Vergleichs abgelehnt worden war.

Paule Luniewski war am 8.August 1987 das Opfer eines unverhältnismäßigen Einsatzes der EbLT geworden. Am Rande der CARP-Demo hielt er sich als Gegendemonstrant auf dem Bürgersteig gegenüber der Urania auf, in einer Gruppe von 150 weiteren Leuten, die Flugblätter verteilten oder einfach herumstanden. Aufgrund dieser „brisanten“ Situation beschloß die Einsatzleitung der Polizei, die Gegendemonstranten in Richtung Martin-Luther-Straße abzudrängen. Ohne Warnung stürmten die EbLT-Beamten vor - „man sah nur noch die Knüppel fliegen“, so schilderte es gestern ein Zeuge vor Gericht. Im aufkommenden Chaos wurde Paule ein im Wege stehender Blumenkasten zum Verhängnis: Er stolperte und zog sich am Bein einen Trümmerbruch zu, der ihn seitdem über ein Dutzend Mal auf den Operationstisch zwang.

Paule ist weiterhin auf den Rollstuhl angewiesen - da er den Polizeieinsatz für rechtswidrig hielt, verklagte er das Land Berlin zur Zahlung eines Schmerzensgeldes. Dafür, daß das Landgericht ihm Recht gab, gaben die eindrucksvollen Schilderungen der Zeugen den Ausschlag: So mußte einer die Platzwunde einer Frau versorgen, die Opfer eines Polizeiknüppels geworden war, ein anderer hatte beobachtet, wie eine Frau von Beamten brutal zu Boden geschleudert wurde. Eine Aufforderung, den Platz in Richtung Rathaus Schöneberg zu verlassen, hatte damals keiner der gestern anwesenden Zeugen gehört.

Wenn die Finanzverwaltung bis dahin den Vergleich nicht widerruft, tritt das Urteil am 10.Oktober in Kraft.

Martina Habersetzer

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