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Papandreou vor Gericht

Griechisches Parlament will Abhöraffäre juristisch prüfen  ■  Aus Athen Robert Stadler

Erstmalig in der politischen Geschichte Griechenlands wird ein Ministerpräsident wegen Verletzung der Verfassung juristisch zur Verantwortung gezogen. Die Mehrheit der Parlamentsabgeordneten entschied sich nach zweitägiger Debatte für die Weiterbildung von Ex-Premier Andreas Papandreou an ein Sondergericht. Ihm wird zur Last gelegt, daß auf seine Anweisung der griechische Geheimdienst in Zusammenarbeit mit der staatlichen Telephongesellschaft OTE Gespräche nicht nur aus „nationalem Interesse“ abgehört hätte. Neben einfachen Staatsbürgern finden sich unter den „Überwachten“ auch Funktionäre politischer Parteien, Verleger und Journalisten. Zusammen mit Papandreou werden auch der Ex-Geheimdienstchef Kostas Tsimas (derzeit Europaparlamentarier) und der ehemalige Direktor der OTE, Fanis Tombras, den Weg vor den Richter antreten müssen.

Bevor es zur Abstimmung im Parlament kam, verließen die Abgeordneten der Pasok aus Protest gegen die Haltung der Regierungsparteien den Saal. Unter den abgegebenen 173 Stimmzetteln fanden sich auch zwei, die gegen die Weiterleitung Papandreous votierten, und zwei weiße. „Nea Dimokratiia“ und „Linkskoalition“ verdächtigen sich nun gegenseitig, „Abtrünnige“ in ihren Reihen zu beherbergen.

Die zentrale Figur im „Abhörskandal“ verweigerte sich dem griechischen Parlament. Andreas Papandreou ließ von einem Abgeordneten der Pasok nur eine Erklärung verlesen, in der er seine politischen Gegner der Kriminalisierung des politischen Lebens bezichtigt. „Man hat mich im Visier, weil meine Präsenz die Einheit und den Zusammenhalt der Pasok garantiert.“

Papandreou wird nicht abtreten. Seinen politischen Gegner unterstellt er, unter dem Deckmantel der „Katharsis“ die Pasok vernichten zu wollen. Daß ein großer Teil der Griechen den vorgegebenen lauteren Absichten der Regierungsparteien nicht vertraut, zeigen jüngste Umfragen. Trotz der massiven Vorwürfe gegen Papandreou halten die Sozialisten konstant ihren Anteil von etwa 40 Prozent, den sie bei den Wahlen im Juni erreichten.

Durch den engen zeitlichen Rahmen, den sich die Regierung zur Durchführung der Katharsis setzte, werden im Moment nur Verdächtige produziert, wird jedoch keine Klarheit über Schuld oder Unschuld geschaffen. Der festgesetzte Wahltermin vom 5.November macht es unmöglich, die Gerichtsverfahren bis zu diesem Zeitpunkt abzuschließen. Vor einem endgültigen Urteil werden zuvor also noch die Wähler aufgerufen, den Richter zu spielen. Für oder gegen Papandreou.

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