Keine kreativen Computer-Klänge

■ Computer und Kreativität - welche Chancen bieten sich für Frauen? Eine Frage ohne Antwort

„Wenn man in einer Stadt wie Bremen geboren ist, hat man nicht viel Information über Avantgarde“, bekannte die in Berlin lebende Bremerin Christiane Kubisch auf einem Forum über Computer und Musik. „Computer und Kreativität - welche Chancen bieten sich für Frauen?“ sollte das Thema sein, zwanzig Frauen wollten das wissen. Christiane Kubisch, ausgebildete Flötistin, bekannte ihre „Faszination für die Technik“. Sie ist keine studierte Computer-Fachfrau und will es nicht sein. Sie benutzt „die Dinger anders, als sie benutzt werden sollen“, experimentiert an Grenzbereichen menschlicher Wahrnehmung, mit Ultraschall und UV-Licht, mit kabellosen Kopfhörern, mit denen Menschen durch einen installierten Wald geschickt werden. Die will Töne entfalten, „in Dinge hineinsehen“, Klänge technisch auseinanderziehen. Ob das mit dem Computer ist oder mit traditionellen elektro-akustischen Geräten. Sie bekennt sich zur Produktivität der erzeugten Zufälle und zur Notwendigkeit der Sponsoren, die ihre Kunst finanzieren und natürlich dabei das Interesse haben, ihre Sachen zu verkaufen: „Was ist denn daran schlecht?“

Gar nicht einverstanden war damit die Komponistin Patricia Jünger. Geradezu empört wies sie den unproblematischen Umgang mit den Sponsoren zurück, sie wolle „lieber stören als buhlen“. Wenn sie mit Computern arbeite, habe sie das Interesse, „der ursprünglichen Interessenlage eins auf den Deckel zu hauen“. Wie sie das mache, wollte eine Zuhörerin wissen. Durch die Kombination von Rechnern, die eigentlich nicht kombiniert werden sollten, durch „Löten“ von Verbindungen in den Rechnern, war ihre Antwort. Gleichzeitig sprach sie aber davon, daß die AkteurInnen „mit den Abfallprodukten spielen“. Und „inhaltlich“ wolle sie „nicht so sehr stören“, sondern Stimmungen ausdrücken: „Musik ist eine Angelegenheit fürs Gemüt.“

Vorn in dem Seminarraum der Uni saß auch die Komponistin Viola Kramer aus Aachen. Sie wollte für sich die Charakterisierung der Moderatorin Ute Schalz-Laurenze, das Medium entspreche nicht der Sozialisation und Ausbildung der Frauen, für sich nicht akzeptieren: Ihr Vater sei Musiker, berichtete sie, da habe sie schon als Kind an den Knöpfen gedreht, und sie mache Musik,

solange sie denken könne. Nach 20 Jahren Klavier-Unterricht ist es ihr Ehrgeiz, auch die Maschine beherrschen zu lernen

-drei Jahre Praxis sind da erst der Anfang: „Einen Computer muß man beherrschen lernen wie ein Saxophon“. Keine neuen, „unerhörten“ Klänge gebe es da, aber eben das neue Instrumentarium. Sie ist in die Arbeit mit dem Computer „hineingewachsen“. Das sei „eine andere Generation“, sagte eine hinten im Raum.

Wo steht der Computer in der Musik-Geschichte? Wird er als zusätzliches Instrument Geschichte machen oder als alles verpflichtende Reform wie die Erfindung des Hammer-Klaviers? Was ist das persönliche Konzept in dem „Abgrund von Möglichkeiten“ des Computers, wo weder Form noch Tradition eine Orientierung geben, an der junge Komponistinnen sich abarbeiten können? Was ist da Kreativität? Die hat Komponistin die Möglichkeit, als Akteurin ihre Klänge auch zu produzieren, sie ist nicht angewiesen auf ein Orchester, einen Dirigenten oder

eine Musiker-Gruppe. Aber ist diese Freiheit nicht eingetauscht gegen die Abhängigkeit von der teuren Maschine? hier bitte das Logo

Frauenkopf

Sind die Möglichkeiten des Computers uferlos oder nur scheinbar uferlos? Was sind die Chancen, die sich gerade für Frauen bieten? Auf die Frage, die Thema der Veranstaltung sein sollte, gab es kein Spur der Antwort. „Was wolltet ihr eigentlich wissen?“, fragte Patricia Jünger nach zwei Stunden die ZuhörerInnen.

Klaus Wolschner