: No business like show-business
■ Irving Berlin, der bekannteste Schlagerkomponist der Welt, starb im Alter von 101 Jahren
'Associated Press‘ behauptet: F-Dur. 'Agence France Press‘ schreibt: Fis-Dur. Für F-Dur spricht die Schlichtheit der Tonart, in der alle möglichen Instrumente prima zusammen Schlager spielen können. Für Fis-Dur spricht, daß es auf dem Papier zwar kompliziert aussieht, aber auf dem Klavier die gewissermaßen handgerechtesten Griffe bietet. Sicher ist: Irving Berlin, der „Schubert Amerikas“, der niemals Noten lesen, geschweige denn schreiben konnte und trotzdem bei der amerikanischen Gebühreneinzugszentrale für Komponisten noch heute die höchsten Einnahmen verzeichnet, komponierte alles in derselben Tonart. Über 1.500 Titel laufen unter seinem Namen, darunter der weltweit meistverkaufte Song, White Christmas mit mehr als 130 Millionen Schallplatten. Was gut in der Hand liegt, geht auch gut ins Ohr.
Die Geschichte des 1888 in Sibirien geborenen Sohns eines Rabbiners ist klassisch: vom Tellerwäscher zum Millionär. Assistenten bringen zu Papier, was Berlin zu Gehör bringt, bald gehen seine Auflagen in die Hunderttausende: der Ragtime, die Revuen, der langsame Walzer - er macht den Sound der zwanziger Jahre. Sein Patriotismus sichert ihm denn Erfolg. Im Ersten Weltkrieg organisiert er eine Soldatenrevue mit dem Hit Oh, how I hate to get up in the morning („Wie ich das frühe Aufstehen hasse“), sein God bless America wird zur heimlichen Nationalhymne. Im Zweiten Weltkrieg macht er musikalische Propaganda für die amerikanische Wehrmacht, Eisenhower verleiht ihm die Ehrenmedaille, und Berlin komponiert I like Ike. Wes Brot ich ess‘, des‘ Lied ich sing‘.
There's no business like show-business: Irving Berlin war der lebende Beweis. Er starb in Manhattan, in der Nacht zum Samstag, 101 Jahre alt. Es heißt, er sei „einfach eingeschlafen“. Es hat ihm nichts gefehlt.
chp
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