: DKP-Führung säubert ihr Zentralorgan
Unliebsamer Korrespondent der DKP-Zeitung 'UZ‘ von der Parteiführung geschaßt / Gekündigt wird mit Berufung auf den Tendenzschutzparagraphen, für dessen Abschaffung die DKP offiziell eintritt / Austrittswelle stärkt die Betonfraktion um Herbert Mies ■ Von Walter Jakobs
Düsseldorf (taz) - Mit administrativen Mitteln wird jetzt der Linienkampf innerhalb der DKP von der Mehrheitsfraktion um den Vorsitzenden Herbert Mies ausgefochten. Nach den Kündigungen von Peter Bubenberger und Michael Gauder, die beide dem Leitungsgremium des DKP-Zentralorgans 'Unsere Zeit‘ (UZ) angehörten, erhielt nun auch Uwe Reepen, Korrespondent der 'UZ‘ in Nordrhein-Westfalen, seinen Abschiedsbrief.
Während Bubenberger wegen seiner Kritik an den Zensurpraktiken in der 'UZ‘ gefeuert werden sollte, bekam Reepen wegen seines Parteiaustrittes die rote Karte. In einem Brief an die Chefredaktion hatte Reepen geschrieben, ihm sei seit der letzten DKP-Vorstandstagung klargeworden, „daß die Mehrheit der Parteiführung und damit auch die Mehrheit des 'UZ'-Kollektivs gewillt ist, die DKP zu zerschlagen oder zumindestens ihre Kritiker in den eigenen Reihen aus der Partei zu treiben. Gefragt ist nicht mehr die Diskussion um eine Erneuerung der kommunistischen Partei dieses Landes, sondern die völlige Unterwerfung unter die Mehrheitsentscheidungen einer, wie ich sie immer stärker empfinde, Führungsclique“. Angesichts dieser Entwicklung bleibe ihm nur noch der Parteiaustritt.
Die Verlagsleitung der 'UZ‘ begründet die Kündigung von Reepen mit dem Tendenzschutzparagraphen. Diese Vorschrift erlaubt es Betrieben, die eine weltanschauliche Richtung vertreten (dazu gehören zum Beispiel Verlage und Kirchen), MitarbeiterInnen zu kündigen, wenn diese gegen die weltanschauliche Ausrichtung verstoßen. Daß sich die DKP -Führung auf diese Vorschrift beruft, ist besonders apart: Offiziell tritt die DKP, genauso wie die Gewerkschaft IG Medien, für die Streichung dieses Paragraphen ein.
Parallel zur Säuberung in der 'UZ'-Redaktion läuft die Verfolgung parteiinterner Kritiker in der Düsseldorfer Vorstandszentrale. Wer nicht freiwillig geht, fliegt. Hans -Jürgen K., seit 17 Jahren beim DKP-Vorstand hauptamtlich für Bündnisfragen zuständig, wurde in den letzten Tagen ebenso gekündigt wie Jürgen N., der der Parteiführung schon während der Zeit der Illegalität als hauptamtlicher Funktionär diente. Ihr öffentliches Bekenntnis zu der Erneuerungsströmung kostete auch diesen Altgenossen den Job. „Die wollen den gesamten hauptamtlichen Apparat noch vor dem Sonderparteitag im Februar nächsten Jahres auf Linie bringen“, lautet der Kommentar eines DKP-Insiders.
Daß die Betonköpfe um Mies noch zu stoppen sind, glaubt bei den Erneuerern inzwischen kaum noch jemand. Weil Hunderte von kritischen Köpfen in den letzten Wochen die Partei verließen, verschiebt sich das interne Kräfteverhältnis immer mehr zugunsten der Mies-Truppe.
Das Szenario für die aktuellen Säuberungsaktionen hatte das einflußreiche DKP-Präsidiumsmitglied Rainer Eckert schon im Juni in einer Art Planspiel unter „Variante C“ skizziert. „Die Beschlüsse gegen Strömungsaktivitäten werden aufrechterhalten. Verstöße werden politisch sanktioniert... Wenn sich, wie zu erwarten, damit die Auseinandersetzungen verschärfen werden, müssen auch politische Sanktionen ... bis hin zu Parteiausschlüssen eingesetzt werden. Bei entsprechenden ... Zuspitzungen in den nächsten Wochen müssen erstmals wirklich administrative Mittel ergriffen werden, etwa die laut Statut mögliche Auflösung von Bezirks und Kreisorganisationen.“ Eine solche Zuspitzung ist aber wegen der massiven Austrittswelle möglicherweise gar nicht mehr nötig. Wegen der zahlreichen Austritte wankt inzwischen selbst die Erneuerungshochburg Hamburg.
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