FRAUSPARKASSE

„Lava will mit der Schaffung von Frauenrollen und Fraueninhalten einen bei dem derzeitigen Kulturangebot notwendigen und konstruktiven Beitrag leisten, diese Kulturlandschaft um zu lange schon Fehlendes zu bereichern und gleichzeitig der Riesenarbeitslosigkeit von Frauen im Theater mit einem konkreten Angebot entgegentreten.“

Es sind in den letzten Jahren in unserer Republik die aberwitzigsten Dinge über das Arbeitsplatz-Argument erpreßt worden. Zumindest versuchen tun es die Wirtschaftsherren und -damen ganz unverfroren immer wieder. Die Begründung scheint ja auch so hochmoralisch wie unabweislich. Ob BGS -Aufstockung oder Giftmülldeponie, ob Atombrennanlage oder Chemiewerk, die Sicherungslogik ist fast so schön wie die von der notwendigen Verknüpfung der Übersiedler-„Flut“ mit der Renten-„Ebbe“. Wer wollte da also der grundguten Tat der Theatergruppe Lava im Wege stehen, ist deren Vorhaben doch gewiß nicht kriegstreibend, nicht einmal den Männerkrieg; hat keine Nebenwirkungen, zumindest keine meßbaren; schont die Umwelt, solange sie nur vor sich hin spielt; produziert keinen GAU und beutet die Dritte Welt nicht aus. Die Frauen sind nämlich selber die Dritte Welt in der Ersten.

Also gebührt den „Urgestein„-Frauen mindestens die „Silberne Plakette für exemplarisches Gutsein“, wenn sie jetzt „Klytämnestra - Spiegel und Labyrinth“ planen. „An der Realisation dieses Projektes werden über 20 Frauen (14 professionelle Schauspielerinnen, Kostüm- und Bühnenbildnerinnen, Percussionistin, Organisatorin und Regiearbeiterinnen) arbeiten.“

Dazu die wahrlich erschlagenden Zahlen aus der Arbeitslosenstatistik. Laut Lava-Organisatorin Gudrun Koch beträgt die Arbeitslosenquote unter Berliner Schauspielerinnen 99 Prozent. Wenn trotzdem alle unsere Metropolen-Staatstheater immer noch Schauspielerinnen ihr eigen nennen, wenn die zusammengenommen aber nur ein Prozent ausmachen, dann muß es nach einfacher Rechnung in der Tat geradezu astronomische Heerscharen von erwerbslosen Bühnenarbeiterinnen geben. Und die 14 neuversorgten sind da nur ein Tropfen auf den heißen Abbau des Arbeitslosenberges. Um mal ein noch schrecklicheres Bild zu basteln als die gräßliche Metapher von der „Schaffung von Fraueninhalten und Frauenrollen“, bei der nicht nur uns Hausfrauen inzwischen nur noch leere Flaschen und Nudelhölzer einfallen wollen.

Gründlich wie Frauen sind, fangen sie natürlich auch bei Eva, sprich Antigone an, um „unsere Wurzeln“ zu finden. Immerhin ist Sophokles deren Autor. Aber die großen Tragiker überbringen ein neues Frauenbild, und man hat „sehr viel mit dem Wissen der Männer gearbeitet“. Da haben sie recht; viel anderes ist nicht möglich. Also geht es mal wieder, wie in seligen Bewegungszeiten, ums andere Lesen und Deuten. Es geht ums „Überschreiten“ und „Aufzeigen“, ums „Verdeutlichen“ und ums „Entdecken“, kurz: ums „Schöpfen“ ... „am breiten Band der Körperausdrucksmöglichkeiten“. Sprache ist gemein. Wenn sie gequält wird, schlägt sie zurück.

Haarspalter-Pingeligkeit, wo es um gemeinsame Intensität, weiblich, geht. - Und um Weitblick. Lava setzt klug und vorausschauend auf die richtige Sache. Nach knallharten Wirtschaftsprognosen ist die Kultur eine der wenigen Wachstumsbranchen der Zukunft, die hohen Gewinn versprechen. Die Senatorin, aber auch der Wirtschaftssenator können nichts Besseres tun als überall dort kräftig fördern, wo ihnen eine darbende, aber willige Kulturproduzierhand entgegengereckt wird. Es geht längst nicht mehr nur um die Kunstnahrung für den berüchtigten Berliner Subventionskultur -Wasserkopf. Es geht um echte Kultur, die sich rechnet. Und Frauen lassen sich in diesen unseren sich zusehends mehr auswiegenden Zeiten gut herzeigen.

Die Frausparkasse ruft: Es ist höchste Wüsten(rot/grün)zeit. Lasset Lava fließen, und sie bringt vielfältig Frucht.

CD