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Mach'n Faß auf in Duisburg

Verseuchte Mol-Fässer aus Transnuklear-Skandal sollen in Duisburg-Wanheim neu verpackt werden / Neben Wohngebiet werden Plutoniumabfälle bearbeitet  ■  Von Bettina Markmeyer

Duisburg (taz) - Die Altlasten aus dem Transnuklear-Skandal werden wieder mobil. Im November, so Mitarbeiter der Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS) in Duisburg-Wanheim, sollen die ersten von 700 Atommüllfässern der PreussenElektra, die derzeit noch in Gorleben lagern, in den Hallen der GNS eintreffen. Gegen die gefährlichen Altlasten vor ihrer Haustür demonstrierten am Sonntag in Wanheim 500 Personen, darunter viele Bewohner des Stadtteils.

Eine Vereinbarung über die sogenannte Nachkonditionierung (also das Zerkleinern, Pressen und Umpacken des Inhalts in andere Behälter) der zum Teil aufgeblähten und nicht endlagerungsfähigen Fässer hatten die GNS und PreussenElektra bereits im April dieses Jahres getroffen. Ein anderer Teil der Fässer soll in die Kernforschungsanlagen in Jülich und Karlsruhe gebracht werden. Da sich unter den 700 Fässern auch rund 200 aus dem Transnuklear-Mol-Skandal befinden, von denen niemand weiß, was drinnen ist, hatte die Staatsanwaltschaft in Lüneburg das Zeug beschlagnahmt. Die von der PreussenElektra beantragte Freigabe der Fässer wurde von der Lüneburger Stelle erst dann in Aussicht gestellt, wenn deren Inhalt genau bekannt sei.

Hochgiftiges Plutonium

in den Fässern entdeckt

Sechs Fässer waren deshalb zwecks Inhaltsanalyse in die Kernforschungsanlage in Jülich verfrachtet worden. In den Probefässern wurden dabei schwach strahlende Abfälle sowie Uran und vor allem geringe Mengen des hochgiftigen Plutoniums gefunden. Was in den restlichen 694 Fässern ist, weiß niemand, man vermutet allerdings eine ähnliche Zusammensetzung. Klar ist nur eins: Es besteht nach Meinung von Beamten der Gewerbeaufsicht „keine Gefahr“.

Da die Duisburger „Bürgerinitiative gegen radioaktive Verseuchung“ das anders sieht, rief sie für den letzten Sonntag zu einer Demonstration gegen den im Herbst bevorstehenden Transport der Atommüllfässer zur GNS in Wanheim auf. Es sei nun zu befürchten, so Rudolf Liebal von der Wanheimer Bürgerinitiative, daß auch Fässer unbekannten Inhalts zur GNS transportiert würden.

Auf einem ehemaligen Thyssen-Gelände, unmittelbar neben einem Wohngebiet, lagert und bearbeitet die GNS seit vier Jahren Abfälle und Schrott aus bundesdeutschen AKWs. Seit Oktober letzten Jahres stehen nun alle großen AKW-Betreiber auf der GNS-Gesellschafterliste. Durch die Umstrukturierung der Atomindustrie nach dem Transnuklear-Skandal ist die GNS mit Firmensitz in Essen zum alleinigen Entsorger sogenannter schwach- und mittelradioaktiver Abfälle und Reststoffe aus den Kernkraftwerken des Bundesgebietes avanciert.

Strahlende Asche

aus Schweden importiert

Zu den „Reststoffen“ gehört auch die strahlende Asche aus der Atommüllverbrennungsanlage im schwedischen Studsvik. Sogenannte leicht radioaktive Abfälle aus bundesdeutschen Kernkraftwerken werden per Bahn und LKW ins schwedische Studsvik transportiert und dort verbrannt. Die Asche kommt später zurück. Im August wurde bekannt, daß im Juni mit einem Transport 14 Kilogramm Asche aus Studsvik an die GNS in Duisburg geliefert wurden.

Inzwischen hat GNS-Prokurist Dieter Rittscher diese Lieferung bestätigt. Darüber hinaus sagte Rittscher, in Studsvik seien in diesem Jahr bisher 18 Tonnen Asche angefallen, die in die Bundesrepublik zurückgebracht werden. Diese Asche würde demnächst auf die GNS in Duisburg-Wanheim und die Kernforschungsanlagen in Karlsruhe und Jülich verteilt. Gegen diese rege Atommüllkutscherei, die „still, heimlich und leise“ vor sich gehe, ohne daß die Bevölkerung Duisburgs informiert wird, wandten sich am Sonntag die Sprecher der Bürgerinitiativen. Sie wollen gegen die bevorstehenden Transporte Anfang November „auf jeden Fall aktiv werden.“

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