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Senat sieht Termindruck beim Trassenbau

■ Der Wirtschaftssenator läßt sich nicht erschüttern / Zoff zwischen Mitzscherling und Umweltsenatorin Schreyer / Machbarkeit einer 110-kV-Leitung wurde weiter vertagt / AL-Delegiertenrat sieht für die ganze Frage der Stromtrasse keinerlei Eile

Noch im Oktober soll der Senat über den Bau der Stromtrasse entscheiden. Wirtschaftssenator Mitzscherling (SPD) sagte gestern nach einer langen und heftigen Senatssitzung, die Zeitpläne des Stromlieferungsvertrags machten diesen Termin nötig. Könne die Bewag den Termin der Fertigstellung der Trasse, die für Ende 1991, spätestens September 1992 vereinbart ist, nicht einhalten, kämen unter Umständen Schadensersatzforderungen auf die Stadt zu. Die Rechtsgültigkeit des Stromlieferungsvertrags stehe für den Senat nicht in Frage, meinte Mitzscherling.

Mehr als anderthalb Stunden mit Unterbrechungen und getrennter Beratung von SPD und AL dauerte die gestrige Sitzung. Gegenstand sei nicht der Beschluß der MVV der Alternativen Liste gewesen, die in der letzten Woche die Stromtrasse in jeder Form abgelehnt hat, sagte die stellvertretende Senatssprecherin Kiele. Man habe nur über „Sachfragen“ diskutiert. Zum jetzigen Konflikt sei es gekommen, weil die SenatorInnen Mitzscherling und Schreyer unterschiedliche Meinungen über die zu leistenden Prüfaufträge gehabt hätten. Man sei sich in der „Bewertung der Kooperation“ der beiden Senatsverwaltungen nicht einig gewesen. Entschieden wurde am Ende, daß zur Sitzung in 14 Tagen neue Ergebnisse vorliegen sollen, die unter anderem auch die Machbarkeit einer 110-kV-Leitung (statt der von der Bewag gewünschten 380 kV) beinhalten. Die niedrigere Spannung hätte nach Ansicht der Umweltverwaltung den Vorteil, daß sie einfacher unterirdisch zu verlegen ist.

Die politische Bewertung des Beschlusses der Mitgliederversammlung der AL und seine Auswirkung auf die Koalition wird am 4. Oktober im Koalitionsausschuß vorgenommen, sagte Frau Kiele. Den für gestern abend angesetzen Termin hatte der AL-Delegiertenrat am Montag abend abgelehnt. Die Delegierten waren der Meinung, daß es in der Frage der Stromtrasse keine Eile gebe. Daß sich durch eine grundsätzliche Ablehnung der Trasse die Koalitionsfrage stelle, wie Abgeordnete und GA-Mitglieder in die Diskussion zu werfen versuchten, sah die übergroße Mehrheit überhaupt nicht. Sie forderten ein erneutes Rechtsgutachten, das die Gültigkeit des Vertrags untersuchen soll. Ein Kompromiß zwischen Maximal- und Minimalforderung, also zwischen einer 380-kV-Trasse und überhaupt keiner Trasse (AL-Basis), ist nach wie vor nicht in Sicht.

Nach Ansicht von AL-Abgeordneten und Umweltverwaltung bestünde ein solcher Kompromiß in der umweltverträglicheren 110-kV-Leitung. Dazu erklärte der Sprecher der SPD-Fraktion, Stadtmüller, seine Fraktion warte noch auf eine Antwort aus dem Haus des Wirtschaftssenators zu einer gemeinsamen großen Anfrage von SPD und AL. In ihr wird unter anderem nach einer Prüfung der Möglichkeit einer unterirdischen 110-kV-Leitung gefragt (siehe auch Seite 17).

bf/taz

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