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Dem Publikum zugeneigt

■ Patrice Chereaus „Hamlet“ ist ab heute in der Berliner Deutschlandhalle zu sehen

Gesponsert ist das Gastspiel und die ganze Tournee (Moskau, Berlin, Mailand, Frankfurt, Barcelona) von Mercedes Benz. Unter anderem. Seit sich der Konzern mit MBB zusammengetan hat, spielen sie besonders gern Mäzen. Edzard Reuter schreibt sogar im Programmheft: von der „Kunst als Brücke zwischen den Völkern“ und dem Mäzenatentum seines Hauses als „gesellschaftspoltischer Verpflichtung“.

Chereau schreibt im Programmheft, daß er den „Hamlet“ allmählich ein klein wenig besser versteht. „Davon, was man gemeinhin Hamlets“ Melancholie nennt. Von der tiefgreifenden Korruption der Welt. Von der Gewalttätigkeit... Shakespeare spricht noch vom Gewissen, vom Theater auch, selbstverständlich... Das ist sehr kompliziert“. Mercedes und Chereau - keine einfache Kombination.

Pressekonferenz im Cafe Einstein. Chereau spricht deutsch, beobachtet aufmerksam, ist höflich, zuvorkommend. So wohlwollend sind Berühmtheiten selten, wenn Journalisten dumme Fragen stellen. Aber als eine Kollegin wissen will, was ihm denn Hamlet bedeute, will er nicht antworten. Jede Antwort darauf sei banal. Das Stück enthalte ein Rätsel, es sei immer zeitgenössisch, in jeder Epoche habe es etwas zu sagen. „Jeder weiß das seit 300 Jahren. Was mich daran berührt, können sie hoffentlich auf der Bühne sehen“. Solche Situationen erinnern ihn immer an den französischen Witz über einen für seine tiefschürfenden Fragen berühmten Journalisten, der den Pariser Erzbischof interviewt und in den letzten zwei Minuten von ihm wissen will, was ihm Gott bedeute. „Ich bin nicht der Erzbischof“.

Auf die Idee, als Musik zu seinem Hamlet Prince zu nehmen, kam er, als ein Freund ihm die Maxi-Single mit dem Prince -Song „God“ schenkte. Prince, Zappa, Pink Floyd - für ihn hat diese Musik eine gewisse Nähe zum elisabethanischen Zeitalter. „Die Musik von damals hat keine Kraft mehr“.

„Hamlet“ hatte letztes Jahr in Avignon Premiere. Als Freilufttheater. Die Deutschlandhalle ist auch nicht gerade klein. Geht das überhaupt bei einem so intimen, psychologischen Stück? Shakespeare sei psychologisch, sagt Chereau, aber nicht wie Tschechow oder Ibsen. Shakespeares Verse neigten sich immer direkt dem Zuschauer zu: „Sie finden nicht geschlossen zwischen den Schauspielern statt“. Die Erfahrung, daß wenn zwei Schauspieler einen Dialog sehr intim spielen und nicht über den Partner hinweg auf den Zuschauer hin, die Szene in ihrer Bedeutung nicht erfaßt sei, habe er schon bei Genet gemacht. Das sei für ihn wie im Kino: „Cinemascope ist immer schön für intime Szenen“.

Chereau verläßt sein Theater in Nanterre. Sein Freund, der Dramatiker Koltes, ist tot, und auch ein anderer sehr enger Freund von ihm, der wie in vielen Stücken auch im „Hamlet“ die Beleuchtung machte, ist im Mai bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Wegen dieser engen persönlichen Bindungen an und in Nanterre sei er sogar ganz froh, von dort jetzt wegzugehen.

Sein nächstes Projekt ist die Verfilmung von Alexandre Dumas „La Reine Margot“. Zwei Jahre wird er dafür brauchen. Und Wagners „Tristan“ 1993 in Bayreuth? Dazu kann er nichts sagen. „Wer weiß, ob ich dann noch am Leben bin. Nein, das klingt jetzt so tragisch, ich meine nur, 1993 scheint mir so fern“.

chp

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