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„Das war's dann wohl“

■ Ohlauer Straße 29 wurde um 9 Uhr geräumt / BesetzerInnen sitzen jetzt im SPD-Büro / Baustadträtin Eichstädt und alle anderen sind machtlos

Aus der Traum. Nur wenige Tage nachdem er mit Hilfe einer sechsstelligen Kaution aus der U-Haft freigekommen war, gelang es dem berüchtigten Häuserspekulanten Wilfried „Winny“ Pohly gestern früh, unterstützt von einem großen Polizeiaufgebot, wieder in den Besitz des Hauses Ohlauer Straße29 zu gelangen. Damit ist das seit neun Jahren leerstehende Gebäude wieder unbewohnt. Seine BesetzerInnen darunter viele Obdachlose - zogen unmittelbar nach der Räumung in ohnmächtiger Wut weiter und besetzten Büros des Vereins SO36 und der SPD Kreuzberg.

Die Polizei war mit zahlreichen „Wannen“ gegen neun Uhr vor dem Haus angerollt. Als Beamte die Türe aufbrachen, kullerten ihnen dort aufgeschichtete Pflastersteine entgegen. Den BesetzerInnen selbst gelang es, unterstützt von DemonstrantInnen vor dem Haus, rechtzeitig zu entkommen. Dabei kam es auf der Straße zu Rangeleien zwischen Polizei und BesetzerunterstützerInnen. Verletzt wurde niemand. Lediglich ein 21jähriger Mann wurde noch im Haus aufgegriffen, überprüft - und kann jetzt mit einem Verfahren wegen Hausfriedensbruch rechnen. Als Baustadträtin Franziska Eichstädt-Bohlig in der Ohlauer29 eintraf, konnte sie bei der Polizei nur noch ihre „Wut ablassen“, sagte sie der taz. Stinksauer reagierte auch der „Verein SO36“ auf die Räumung.

Den BesetzerInnen, denen gegenüber Eichstädt bereits am Freitag eine Duldung ausgesprochen hatte, nützte dies wenig. Die „beschlagnahmten“ gegen Mittag dann das SPD-Büro in der Skalitzer Straße, um dort so lange zu bleiben, bis eine Rückkehr in die Ohlauer möglich sei.

„Ich habe keine 100.000 Mark, aber ich habe es satt, wohnungslos zu sein.“ „Wir wollen nicht die Trüffelschweine für den Staat spielen.“ „Wir sind auch eine Randgruppe und wollen so leben, wie wir wollen.“ „Abwiegler, Lügner, Spalter“ - solche Aussagen wurden während einer Pressekonferenz dem Kreuzberger SPD-Chef Peter Strieder an den Kopf geworfen. Diesen Worten folgte eine Ladung Wasser. „Das war's dann wohl“, verabschiedete sich Strieder daraufhin. Zuvor hatte er an die Situation von UmsiedlerInnen, kinderreichen Familien und anderen Obdachlosen erinnert - und darauf die Antwort bekommen, er spiele wohnungslose Minderheiten gegeneinander aus. Wutentbrannt wiesen die BesetzerInnen immer wieder daraufhin, daß die SPD über ihren Innensenator Pätzold Häuser für „kriminelle Spekulanten“ räumen lasse und gleichzeitig mit solch dubiosen Personen weiter verhandle.

Anders gestern Pätzolds Sprecher Thronicker: Zum einen handele es sich nicht um eine Räumung, sondern um eine Durchsuchung. Zum anderen habe die Polizei aufgrund klarer Gesetzeslage geräumt.

„Die waschen ihre Hände in Unschuld, und wir müssen es ausbaden“, schimpfte Baustadträtin Eichstädt-Bohlig über die Innenverwaltung. Hilfe können die Geräumten aber auch von ihr nicht erwarten: Beschlagnahmen könne nur Sozialstadträtin Junge-Reyer (SPD) - die gestern nicht zu erreichen war - und dies auch nur, wenn das Haus offiziell als „bewohnbar“ gelte. Abgesehen von bereits angeordneten Bußgeldern in Höhe von 80.000 Mark hat der Herr Doktor Pohly nun erst einmal wieder freie Hand an seinem „Eigentum“ - und keiner kann ihm.

tom

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