Wer Haschisch spritzt, der raucht auch Heroin

■ Der Preis der Freiheit von Pierre Jolivet

Der Fitness-, Gesundheits- und Anti-Drogen-Terror nimmt täglich zu: Die AOK nennt sich Gesundheitskasse, 250 Millionen Mark geben Bundesbürger dieses Jahr für sogenannte Sportgetränke, beziehungsweise Iso Drinks aus, von denen sie gerechterweise immerhin Durchfall bekommen. Nicht mehr oder nur noch heimlich drückende, koksende, saufende und/oder sonstwie einwerfende Rockmusiker beschwören Kleinkinder von der Bühne herab, außer Pepsi light bitte nichts in ihre kostbaren juvenilen Leiber hineinzuschütten. Die George-Bush-Milliarden-Kampagne gegen Drogenmißbrauch wird selbstverständlich von der Drogenindustrie finanziert, und auch der neue James Bond muß in Ermangelung eines bitter Kalten Krieges ein Drogenkartell zerschlagen wie sonst nur Autonome den Imperialismus.

Drei Jungs mit City-Bag tapern irgendwo in Asien genauer wird's den ganzen Film lang nicht - herum, kaufen sich zum Abschied ein Pfündchen Haschisch, kriegen das nicht weggeraucht und gehen ihrer Wege.

Anderthalb Jahre später: zwei unserer jungen Freunde gehen heim im Frankreich ihrer Tätigkeit als Mathematiker, beziehungsweise Vorstadtgigolo nach. Da plötzlich klopft das Schicksal an ihren Türen. Es heißt Alan Bates und sieht aus wie ein alter, weicher Mann mit gleichgeschlechtlichen Ambitionen. Entpuppt sich aber, unter Aufbietung sehr sichtbarer schauspielerischer Mühen, als beinhart entschlossener Anwalt von amnesty international. Die Botschaft des Mannes ist bitter: Globetrotter Nr.3 sitzt da unten im Knast, zum Tode verurteilt wegen Besitzes von 500 Gramm Haschisch. Seine beiden Zufallsbekanntschaften könnten ihn retten: wenn sie sich blitzschnell stellen, wenn jeder sich zu seiner Portion Hanf bekennt, gibt es Gefängnisstrafen für alle drei, aber keinen Toten.

Ihr habt fünf Tage Zeit, Helden zu werden, raunt Anwalt Bates und schürzt mahnend die Braue - seit John Wayne's Es gibt Dinge, die ein Mann tun muß war es im Kino nicht mehr so lustig. Soll aber ernst sein. Schwer bedröppelt geht es zu in diesem Kammerspielchen, in dem man keiner Figur auch nur einen Hauch der angeblichen Tragik und Zerrissenheit abkauft: wo nichts ist, kann auch nichts zerrissen sein.

Endlich haben sich die Jungs entschlossen, der Hölle irgendwo da unten mutig ins Antlitz zu schauen, da wird das Heldentum gecancelt: Der Delinquent hat sich erhängt. Wie praktisch!

Jahrelang arbeiten Dutzende von Menschen an Geschichten wie dieser: Welche Verschwendung von Energie und Zeit. Wozu das alles? Filme sind Würste, und die wollen verkauft werden.

Wiglaf Droste

Pierre Jolivet: Der Preis der Freiheit, mit Alan Bates, Kristin Scott-Thomas, Francois Cluzet, Patrick Bruel, Frankreich 1989, 86Min.