: Deutschlandpolitiker Streibl: „Jeder bleibe in seinem Block“
Berlin (taz) - Vorsichtiges Umdenken in Sachen Deutschlandpolitik kündigen die Christdemokraten an. Bayerns Ministerpräsident Streibl sprach sich am Dienstag abend explizit dagegen aus, das Thema einer deutschen Wiedervereinigung in den Vordergrund zu rücken. Eine neue Debatte würde angesichts der Flüchtlingswelle und dem Streit um innere Reformen in der DDR nur Ängste heraufbeschwören, die den Reformbemühungen in Osteuropa schaden könnten.
„Jeder soll in seinem Block bleiben“, erklärte Ministerpräsident Streibl. Es könne niemandem recht sein, „wenn sich die Fronten verhärten“. Indirekt bestätigte Streibl einen Widerspruch zu CSU-Chef Waigel, der in den USA das Thema Wiedervereinigung als aktueller denn je bezeichnet hat. Streibl zufolge solle man jetzt solche „Reizthemen“ vermeiden. Es gehe darum, „die Hand nach dem Osten auszustrecken“.
Streibl versteht darunter eine Politik, mittels wirtschaftlicher Kreditanreize eine Garantie von Freiheitsrechten in der DDR zu erreichen.
Streibl, der kürzlich bereits einen „Vertrag mit der DDR“ vorgeschlagen hat, in dem sich Ost-Berlin im Gegenzug zu Krediten und Joint-venture-Unternehmen zu Freiheitsgarantien verpflichten solle, will bei einem geplanten DDR-Besuch im November auch Erich Honecker treffen.
Ähnliche, wenn auch weniger deutlich artikulierte Gedanken hat eine deutschlandpolitische Runde der CDU am Dienstag abend ventiliert. Kanzleramtsminister Seiters, Fraktionsvorsitzender Dregger, Generalsekretär Rühe, der CSU -Landesgruppenvorsitzende Bötsch, der Staatssekretär Hennig und die Ministerin Wilms berieten offenbar, inwieweit die bisherige Deutschlandpolitik der CDU/CSU noch ausreichend sei.
Dregger hatte schon vorher eine Diskussion der SED mit der Opposition über Reformen verlangt. Die Politiker der BRD sollten mit allen gesellschaftlichen Kräften der DDR reden. Der SED-Führung legte er den „runden Tisch“, wie er in Polen und Ungarn praktiziert worden sei, ans Herz.
Klaus Hartung Siehe auch Kommentar auf Seite 8
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