Kein Geld aus Bonn für „Mensch-Maschine“?

■ Von Gewerkschaft bis Handelskammer ein Sturm der Entrüstung über die Forschungsmittelblockade der Bonner CDU/FDP-Regierung / Auch Forschung und Lehre melden sich / TU-Vize: „Überreaktion aus Bonn“

Der Protest gegen die neue Berlin Blockade ging gestern weiter: Momper, der bereits am Mittwoch ein „dringliches“ Gespräch mit Kanzler Kohl forderte, will jetzt auch mit Vize -Kanzler Genscher reden. SPD-Fraktionssprecher Staffelt mahnt die „sofortige Rücknahme“ des Mittelstopps an. Der sozialdemokratische Deutschland-Experte Körting attestiert: „verfassungswidrig“. Der Landesverband der Gewerkschaft DAG rät der Bundesregierung, endlich „ihre chronische Zerknirschung gegenüber unserer Stadt aufzugeben“. Die Industrie- und Handelskammer nennt die Forschungsblockade vorsichtig „sehr unglücklich“. Festzustellen, wie Bundesmittel in der Berliner Forschung verwendet werden, sei ohne Verweigerung von Forschungsvorhaben möglich. Auch die Forscher & Lehrer und ihre Studenten meldeten sich zu Wort. Von „bewußtem Rufmord“ an der „Wissenschaftslandschaft“ sprachen für die FU zwei studentische Gremienmitglieder. Für die TU protestierte die „Initiative unabhängiger Professoren“: Die Berliner Wissenschaft derartig zu beschränken, bedeute auch eine „Gefährdung für das Allgemeinwohl der Stadt“. Zur Bonner Forschungsblockade ein Interview mit dem Vizepräsidenten der Technischen Universität, Klaus Dierks.

taz: Ist die Forschungssituation in Berlin „diffus“?

Dierks: Nein. Definitiv nein.

Die Vorwürfe aus Bonn sind also unberechtigt?

Na ja, es sind zwei Dinge, die offensichtlich die Öffentlichkeit beunruhigt haben. Die werden immer wieder genannt. Da ist die Sache mit der Schließung der „Akademie der Wissenschaften“ und das andere ist die Frage des Hahn -Meitner-Instituts, wo der Reaktor ja nach Aussagen der Forschungssenatorin in Betrieb genommen werden wird, wenn das Entsorgungsproblem gelöst ist.

Das rechtfertigt aber nicht die Reaktion aus Bonn?

Wenn das so zutrifft, wie ich es den Zeitungen entnommen habe, dann ist das eine Überreaktion.

Was würde denn eine tatsächliche Sperrung der Förderungsmittel für die TU bedeuten?

Unser Etat beträgt 600 Millionen aus Haushaltsmitteln und 100 Millionen zusätzlich aus Drittmitteln. Davon werden etwa 75 Millionen aus Bundesmitteln bestritten. Da ist also Druck, der auf uns ausgeübt wird.

Welche TU-Projekte wären konkret gefährdet?

Wenn Mittel gesperrt würden, könnten zwei in Bonn beantragte Sonderforschungsbereiche gefährdet sein. Eine Bereich soll sich mit der biologischen Reinigung von Abwässern beschäftigen, der zweite hat das Thema „Mensch -Maschine“. Es sind meiner Meinung nach beides sehr aktuelle Themen, die dringend einer Bearbeitung bedürfen.

Was werden sie von Ihrer Seite aus jetzt nach Bonn signalisieren?

Es gibt bereits verschiedene Pressemitteilungen, aber die Universitätsleitung wird zunächsteinmal weitere Meldungen abwarten. Wir überlassen es den, sagen wir mal, politischen Kräften an der Universität, jetzt schon tätig zu werden.

Wie bewerten Sie die Bonner Blockade politisch?

Ich möchte mich an dieser Stelle zurückhalten. Aber was ich Ihnen sagen kann, ist folgendes: Die TU hat bisher aus der Politik des rot-grünen Senats und der Forschungssenatorin keinerlei Nachteile gehabt hat.

kotte