piwik no script img

Streit um Slowenien

■ Belgrad ruft Gericht wegen Verfassungsänderung an

Belgrad (afp) - Das jugoslawische Bundesparlament hat am Donnerstag das Verfassungsgericht beauftragt, sich unverzüglich zu den Verfassungsänderungen zu äußern, die das Parlament der jugoslawischen Teilrepublik Slowenien am Vorabend verabschiedet hat. Das slowenische Parlament gab sich erweiterte politische und wirtschaftliche Befugnisse, insbesondere das Recht auf „Selbstbestimmung einschließlich der Sezession“. Es forderte damit die Zentralregierung offen heraus, die eine Loslösung auf keinen Fall dulden will.

Die slowenische Regierung und die Parteispitze hatten das Parlament gebeten, die Abstimmung zu verschieben. Das Parlament wies diesen „unzulässigen politischen Pressionsversuch“ zurück und wagte die offene Konfrontation mit der Zentralmacht und der Republik Serbien, deren Führung für eine zentralistische Politik eintritt.

Die Tageszeitung 'Politika‘, Sparchrohr der serbischen Führung, betonte, die slowenische Entscheidung werde fast im ganzen Land als „sinnloser Akt“ verurteilt, der „Jugoslawien zerstört“. Heftige Proteste kamen auch aus Montenegro. Noch am Mittwoch demonstrierten dort 5.000 Menschen und triefen zum Sturz der slowenischen Führung auf.

Die umfassende Verfassungsänderung soll die Entwicklung des politischen und wirtschaftlichen Demokratisierungsprozesses fördern. Unabhängige politische Gruppen erhalten nun das Recht, sich außerhalb der „Sozialistischen Allianz“ zu betätigen und bei Wahlen eigene Kandidaten aufzustellen. Die „führende Rolle“ der kommunistischen Partei wird nicht mehr erwähnt. Das Parlament behält sich in Zukunft selbst das Recht vor, den Notstand auszurufen und in Friedenszeiten die Armee einzusetzen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen