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Neuer Streit um Berlin als Forschungsstandort

■ Bonn streicht die Zuschüsse für die geplante Europäische Umweltakademie / Entscheidung fiel schon im August / Umweltverwaltung war auch informiert

Der Streit um die Forschungsförderung zwischen Bonn und Berlin hat sich zugespitzt: Wie am Sonntag bekannt wurde, hat der CDU-Staatssekretär im Bundesumweltministerium Stroetmann schon im August die Unterstützung für die geplante Europäische Umweltakademie in Berlin aus politischen Gründen abgelehnt. Diese „Akademie für städtische Umwelt, Stadtökologie und städtische Freiraumplanung“ war bereits vom alten CDU/FDP-Senat geplant und sollte gemäß einem Senatsbeschluß vom Juli im Jahr 1991 gegründet werden. Im Haushaltsentwurf für 1990 wurde die Akademie bereits mit 700.000 Mark veranschlagt. Völlig überrascht von der Entscheidung in Bonn zeigte sich gegenüber der taz der Fraktionsvorsitzende der SPD, Ditmar Staffelt. Er habe von dem Beschluß erst durch einenArtikel im 'Tagesspiegel‘ vom Sonntag erfahren.

In einem taz-Gespräch mit dem Staatssekretär des AL -Umweltsenats Klaus-Martin Groth stellte sich heraus, daß Groth selbst im August mit Stroetmann gesprochen hatte. Nach Angaben von Groth habe es der Senat nicht für nötig befunden, die Öffentlichkeit zu informieren. Dem Verhalten der von der AL besetzten Umweltverwaltung lagen offensichtlich taktische Motive zugrunde. Groth machte deutlich, daß es dem Senat wichtiger war, eine von der EG geplante Europäische Umweltagentur nach Berlin zu holen. In der Frage der Umweltakademie, die damit nichts zu tun hat und eine Fortbildungsinstitution für Planungsexperten aus ganz Europa werden soll, habe man sich ruhig verhalten wollen.

Ob Berlin bei der EG-Kommission allerdings den Zuschlag als Standort für die Umweltagentur erhalten wird, ist im Moment völlig offen, da sich auch andere Mitgliedstaaten beworben haben. Berlin ist offiziell von der Bundesregierung als Standort für die EG-Behörde vorgeschlagen worden. „Uns lag nichts an einem Konflikt mit Bonn“, so Groth. Zugespitzt habe sich die Situation erst letzte Woche durch den Vorstoß des Forschungsausschusses im Bundestag, zukünftige Forschungsvorhaben in Berlin auf Eis zu legen. Dies habe in Berlin niemand für möglich gehalten.

Groth und Staffelt äußerten beide, daß die Bonner Politik, Berlin als Forschungsstandort auszuhungern und damit politischen Druck auf den rot-grünen Senat auszuüben, skandalös sei.

kd

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