: Post-Challenger-Ethik
Warum die „Galileo“ ihre Mission an Bord der Raumfähre und nicht auf einer sichereren unbemannten Rakete startet, ist ein Rätsel, das Wissenschaftler und Raumfahrt-interessierte Laien gleichermaßen beschäftigt. NASA-Sprecher Charles Redmond gab gegenüber Reportern des 'Miami Herald‘ zu: „Die Entscheidung hatte mit Wissenschaft nichts zu tun.“ Es war vielmehr „Politik der NASA“, ganz auf die bemannte Raumfahrt zu setzen. Diese Politik gehört auf Anordnung des US -Kongresses heute der Vergangenheit an. Zukünftige Sonden zur Erforschung anderer Planeten und sogar die meisten Erd -Satelliten werden heute für unbemannte Raketen entwickelt. „Galileo“ wird womöglich die erste und letzte Mission zu den äußeren Planeten sein, die auf einer Raumfähre startet.
Bruce Murray, Professor am „California Institute for Technology“, ist überzeugt, daß die „Galileo“ Jupiter schneller und sicherer erreichen würde, wenn sie noch jetzt für eine unbemannte Rakete umgerüstet wird. Murray muß es wissen. Als Vorsitzender des Jet Propulsion Labs der NASA leitete er „Galileo“ durch die ersten fünf Entwicklungsjahre. Auf der Raumfähre liegt die Sonde nahe dem Zentrum der Schubraketen, wo sie der vollen Kraft einer möglichen Explosion ausgesetzt ist. „Bei einer unbemannten Rakete“, so Murray, „befindet sich die Sonde an der Spitze der Rakete in einiger Entfernung von möglichen Explosionen.“ Die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls, bei dem Plutonium freigesetzt wird, steige bei einem Raumfährenstart deshalb fast auf das Doppelte. Diese Rechnung jedenfalls legten die NASA-Experten selbst im Umweltgutachten für die „Galileo„ -Mission vor. Eine unbemannte Rakete wie die von der US -Luftwaffe entwickelte Titan IV hätte nach Ansicht Murrays noch andere Vorteile. Sie würde der „Galileo“ genug Momentum verpassen, daß sie direkt Richtung Jupiter starten könnte. Die potentiell gefährlichen Erdumrundungen wären überflüssig. Zwar wäre ein Start vor Mitte 1991 nicht möglich, weil sich die Planeten erst dann wieder in einer für die „Galileo„-Mission günstigen Konstellation befinden. Trotzdem würde die Sonde den Jupiter schon 1994 erreichen also ein Jahr früher als die jetzt projektierte Ankunftszeit. Trotzdem besteht die NASA mit sturer Irrationalität auf ihrem ursprünglichen Plan. Glaubhafteste Begründung dafür lieferte NASA-Sprecher Redman im Gespräch mit Reportern: „Wegen der vielen Schwierigkeiten, die wir über die Jahre hinweg hatten, ist die 'Galileo‘ zu einem Symbol für unsere Fähigkeiten geworden. Mit der 'Galileo‘ ist ein fast religiöser Eifer verbunden. Sie ist Teil unserer Post-Challenger-Ethik.“
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