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Schwarze Kunst

■ Die Lettern werden wieder in den Setzkasten gelegt: Offizin/Buchdruckerei/Bude/Quetsche/Tütenquetsche/Trittmühle/Stampfe/Feu erzeug/Taubenschlag/Schmiere/Kunsttempel/Kapelle

Die Lettern werden wieder in den Setzkasten gelegt

Analog zu den zahlreichen Bezeichnungen für den Setzer gibt es solche auch für dessen Arbeitsstätte, die Offizin oder Buchdruckerei. „Bude“ schimpft man, hat man Ärger im Betrieb. Johann Georg Krünitz charakterisierte 1776, die Bude sei „eine der Zierde der Städte höchstnachtheilige, zur Verschwendung des Holzes abzielende, und den Eigenthümern der Häuser außerordentlich schädliche Einrichtung...“. In jüngerer Zeit wurde aus der Bude das noch deutlichere Wort Bruchbude.

Quetsche oder Tütenquetsche sind auch nicht freundlicher gemeint. Das Bedrucken von Papiertüten galt als eine der minderwertigsten Arbeiten einer Druckerei. Wen wundert's, denkt man an's Tütenkleben im Knast!

Der Ausdruck Trittmühle ist gängiger. Sicher ist er von der Trittpresse abgeleitet, über die kleine Offizinen verfügten. Auf größere Druckmaschinen verweist die Bezeichnung Stampfe. Wer sich schon einmal eine Zeitungsrotation angesehen hat, wird den laut(!)malerischen Namen leicht nachvollziehen können.

Die kleine Werkstatt wurde in der Fachsprache Feuerzeug genannt. Das ist sinnfälliger, als man denkt, denn so wurde im 17./18. Jahrhundert ein Kästchen bezeichnet, in dem trotz seiner kleinen Ausmaße eine Menge Utensilien untergebracht waren: ein Zunderfach mit Deckel, Feuerstahl, Feuerstein, Schwefelfaden, Schwefelhölzchen, Papierschnitzel und Schwamm. Ähnlich vollgestopft war eine kleine Druckerei, in der man sich oft kaum umdrehen konnte.

Auch Taubenschlag ist ein einleuchtender Name für einen Betrieb mit regem Kundenverkehr. Aber muß man eine ehrenwerte Druckerei gleich als Schmiere bezeichnen, bloß weil man's mit Druckfarbe zu tun hat?

Nennen wir sie freundlicher Kunsttempel und wundern uns über die Zunftkollegen aus England und Frankreich, die ihren Betrieb Kapelle nennen. Ob die sich auf Bibeldrucke beschränken, ist uns nicht bekannt.

Ausgerechnet das Wort Buchdruckerei selbst bezeichnet nicht nur das. Anno 1798 kamen europäische Astronomen aus einem nicht mehr nachvollziehbaren Grund überein, eine bestimmte Gruppe von Sternen so zu nennen. Angesiedelt sind diese Himmelskörper zwischen dem Großen Hund, dem Schiff(!) und dem Einhorn. Möglicherweise hat sich daraus die früher weitverbreitete Redensart entwickelt, bald werde man für ewig in der himmlischen Buchdruckerei sein, wenn die Schinderei so weitergehe. Ob das ein Trost war?

Fraßbild des Buchdruckers, Ips typographus

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