piwik no script img

„Obszön, beleidigend“

■ Karin Bergdoll hatte das „sexistische“ Plakat abgerissen

taz: Sie haben das Plakat im „Firlefanz“ von der Wand gerissen. Warum?

Karin Bergdoll: Dieses Plakat beleidigt Frauen. Das ist eine Darstellung, die bis ins Obszöne geht.

Was genau finden Sie daran beleidigend?

Ich finde beleidigend die gespreizten Frauenbeine. Dann auch die aufmotzenden Strümpfe mit den Nähten und mit einer zusätzlichen Laufmasche, und daß aus der Scheide dann diese Orangen hängen. Ich finde das demütigend für Frauen und verletzend. - Sexismus ist ja auch ein starkes Empfinden, was man oder frau persönlich hat. Wir haben alle, ohne mit der Wimper zu zucken, gesagt, dieses Plakat ist sexistisch.

Die Grafikerin sagt: „Nahtstrümpfe ziehe ich selbst an.“ Und auch Sie kleiden sich gerne attraktiv.

Aber ich stelle nicht in so einer Pose einen Teil meines Körpers hin. Das ist die alte Diskussion, daß irgendwas vom weiblichen Körper rausgegriffen und vermarktet wird.

Das Plakat hing bereits im Januar in Bremen und zwar in der ganzen Stadt. Warum haben Sie erst Anstoß genommen, als Sie im September nach einem Frauenkongreß mit anderen Frauen in die Kneipe gingen?

Wir hatten das Plakat bisher nicht gesehen. Wir saßen an dem Tisch, und das war so ein aufdringlicher Eindruck. Ich hab das ja ganz ruhig abgemacht, absolut ruhig. Wir haben uns auch nicht gegenseitig aufgehetzt.

Ich versteh‘ auch nicht, wie ne Frau so ein Plakat entwerfen kann. Das ist eigentlich eine Selbst-Demütigung.

Haben Sie keine Probleme, weil Ihre Aktion sich auf der Grenze zur Bilderstürmei bewegt?

Das Plakat stellt sich für mich nicht als Kunstgegenstand dar. Das war für mich auch nicht die Funktion dieses Plakats. Sondern die bestand darin, durch provozierende, demütigende Darstellung von Teilen von Frauenkörpern den Blick auf dieses Plakat zu lenken.

Ich habe viele Anrufe von Frauen bekommen, die sich ausdrücklich mit uns solidarisch erklärt haben, die uns finanzielle Unterstützung angeboten haben. Ich habe keine einzige Frau getroffen, die das Plakat nicht wie ich sexistisch fand.

Fragen: B.D.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen