taz-Geburtstagsfest, Teil 2

■ „Pago“ Balke, tazt als verkehrter Festredner auf verkehrten Festen

Eine raumgreifende Maßnahme, ein Balaphon, eine Maske, eine verkehrte Festansprache, Gesang und Persiflage, Guitarre und Conga und Balduin Bählamm: ins taz-Fest am Freitag im Modernes führt Pago Balke, wem ist er kein Begriff?!

„Ich wurde 1954 in Schmalkalden in der DDR geboren und mit zwei Jahren gegen meinen Willen über die Grenze gebracht. Aufgewachsen bin ich bei den Rattenfängern.“ Später lockte ihn die „Reform-Uni“ nach Bremen und machte einen Kunstlehrer aus ihm. Als Aktiver der Anti-AKW-Bewegung griff er in die Saiten und schrieb Lieder (legendär und allzeit aktuell: „Nee, nee, nee, keen AKW in Magdeburg“). Interessant war damals schon nur das Leben außerhalb der Uni, Reisende Hochschule und Reisende Werkschule waren die umwitter

ten Synonyme für Aufbruch und Abenteuer. Sieben Jahre lebte Pago in Scholen (bei Sulingen) und lehrte Kfz, Deutsch, Musik, war mit der Reiseschule in Ghana und bei der Polisario. Bis er die inwärtige Brache erkannte: Die Musen küßten gar zu heftig, theatralische und musikalische Talente drängten zum Durchbruch. Seitdem heißt ein Pago-Bein: Livemusik solo oder mit Freiburger Jazzern, kabarettistische Auftritte, Geschichtenerzählen zwischen persönlich und politisch. Noch heute kann er es nicht lassen, hin und wieder gegen Atomkraft seitenzuhieben („Ich kann mich nicht arrangieren mit dem ganzen Vergessen“).

Ein zweites Bein fand sich beim Blaumeier Atelier, wo Pago seit gut zwei Jahren in den Bereichen Musiktheater und Maskenbau engagiert ist („Ich gebe mei

nen Senf dazu“). Irgendwo zwischen Normal-Verrückt-Normal weiß er begeistert von den Impulsen zu erzählen, die er selbst von der Arbeit mit den ehemaligen Anstaltsmenschen empfängt. Und für seine Kunst nutzen kann.

Ein drittes Bein ragt in die Zukunft: „ARD“ heißt ein Filmprojekt, zu dem Pago das Drehbuch schreibt, es hat mit seinen Wurzeln zu tun und ist schwer aktuell; Außer Raum Dresden spielt auf eine DDR-TV-Eigenart an, daß nämlich der Raum Dresden vom Westfernsehn nicht bestrichen wird. Man spricht auch vom „Tal der Ahnungslosen“. Ausgerechnet dort drängen besonders viele Menschen Richtung Westen. Pago will die Geschichten authentischer Personen und Freunde schreiben. Und sucht noch ein paar Millionen Mark.

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Freitag, 13.10., Modernes