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Zwingt Binnenmarkt Bankgebühren runter?

■ Commerzbank-Chef sieht „Preissenkungen auf breiter Front“ / „Zu viele Banken“ / Kapitalverflechtungen zum Schutz gegen Japaner / Verbraucherzentrale: Gebühren bundesdeutscher Banken heute am höchsten

Nürnberg (dpa/taz) - „Preissenkungen auf breiter Front“ soll der europäische Binnenmarkt Verbrauchern wie Unternehmen im Bereich der Finanzdienstleistungen bringen. Das erwartet Walter Seipp, Vorstandsvorsitzender der Commerzbank AG (Frankfurt). Bei einem Gespräch der Industrie- und Handelskammer Nürnberg sagte Seipp am Donnerstag abend, der Wettbewerb werde Bank- und Versicherungsdienstleistungen billiger machen. Dies könne aber auch dazu führen, daß im Bereich klassischer Bankprodukte weniger verdient werde.

In einem größeren europäischen Kapitalmarkt könnten aber auch, so Seipp, die Kosten für die Kapitalaufnahme der europäischen Wirtschaft gesenkt und damit die Wettbewerbsnachteile gegenüber Japan verringert werden. Die Liberalisierung des Kapitalverkehrs werde trotz aller Schwierigkeiten kommen, wenn auch in Begleitung zunehmender administrativer Kontrollen. Im Zeichen der Liberalisierung könne es zu einem stärkeren Informationsaustausch zwischen den nationalen Finanzbehörden kommen. Er gehe aber davon aus, daß das Bankgeheimnis nicht angetastet werde.

Eine der Herausforderungen des Binnenmarktes sei auch der Konzentrations- und Expansionsprozeß bei den Banken. Seipp sieht hier „Anpassungsprozesse“ voraus, da es in Europa ohnehin zuviele Banken gebe. Eine Alternative wären Kooperationen, die durch geringeren Kapitaleinsatz und den Rückgriff auf bereits vorhandene Filialnetze der Partner betriebswirtschaftliche Vorteile böten. Die Schwierigkeit läge aber darin, daß die kooperierenden Kreditinstitute unverändert Konkurrenten am Markt blieben. Interessen müßten also klar abgegrenzt werden. Eine wechselseitige Kapitalbeteiligung könnte aber gegen Übernahmeversuche von Dritten schützen. Mehrere japanische Banken hätten bereits heute die finanzielle Kraft für größere Übernahmeaktionen in Europa, warnte Seipp.

Sollte der Binnenmarkt die Finanzdienstleistungen in der Bundesrepublik verbilligen, so wäre dies allerdings mehr als nur recht und billig. So sind zum Beispiel heute die Girokonten in der Bundesrepublik am höchsten in Europa. Darauf hat jetzt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hingewiesen auf der Grundlage einer Studie über fünf EG -Länder: Spanien, Frankreich, Niederlande, Belgien und die Bundesrepublik. Danach zahlen Niederländer und Belgier lediglich eine gebühr für ihre Scheckkarte - und selbst das nicht immer.

Die Verbraucher-Organisation kommt aber auch zu erstaunlichen Ergebnissen über die Unterschiede in den Gebühren bundesdeutscher Geldinstitute. So kann die gleiche Bankdienstleistung in Düsseldorf 5 oder 140 Mark kosten (bei Sammelauszug per Abholer) bzw. 10 oder 307 Mark (bei Tagesauszug per Post). Fast 50 Prozent der 19 befragten Institute haben seit März ihre Preise erhöht, und zwar auch dann, wenn noch keine Umstellung zur taggenauen Verbuchung von Einzahlungen erfolgt ist, zu der die Banken laut höchstrichterlichem Spruch verpflichtet sind. Davon sind vor allem diejenigen Bankkunden, die mit relativ wenig Geld hantieren, am stärksten betroffen. Um 57 Prozent haben sich im vergangenen halben Jahr die Kosten für Durchschnittskunden mit weniger als 100 Buchungen pro Konto und Jahr erhöht. Die Kosten für die Führung intensiv genutzter Konten sind dagegen teilweise sogar gesenkt worden.

Die Verbraucher-Zentrale empfiehlt daher denjenigen, die ihr Gehaltskonto nicht insgesamt einer billigeren Bank anvertrauen könnten, wenigstens für Daueraufträge, Überweisungen oder Abbuchungen ein zusätzliches Postgiro -Konto einzurichten. Dies könne nach eigenen Berechnungen zu einer Einsparung von bis zu 167 Mark jährlich bei gleichen Kontobewegungen führen. Am günstigsten sei indes immer noch das gebührenfreie Girokonto, das von rund 100 Geldinstituten der Republik angeboten werde.

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