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Gegenkandidat zu Pozsgay in Ungarn

■ „Patriotische Front“ nominiert Justizminister zum Bewerber für die Präsidentschaft / Jetzt fünf Oppositionelle im Parlament

Budapest (afp) - Die ungarische „Patriotische Front“, eine bisher von den Kommunisten beherrschte Massenorganisation, will mit einem eigenen Bewerber zur Präsidentschaftswahl im nächsten Monat antreten. Als Kandidaten stellte sie am Samstag in Budapest den 61jährigen Justizminister Kalman Kulcsar auf, der bereits vor einigen Tagen erklärt hatte, er werde eine Nominierung annehmen. Er soll am 25. November gegen den populären Staatsminister Imre Pozsgay, der selbst früher Vorsitzender der Volksfront war, ins Rennen gehen. Pozsgay ist Kandidat der am Wochenende von den ehemaligen Kommunisten gegründeten Ungarischen Sozialistischen Partei.

Kulcsar kündigte an, im Falle seiner Kandidatur werde er die Sozialisten, denen er derzeit angehört, möglicherweise verlassen. Zur Eröffnung des Kongresses der „Patriotischen Front“ erklärte deren Vorsitzender Istvan Kukorelli am Samstag, das Bündnis habe „zur Zeit eine wirkliche Chance, eine Erneuerungsbewegung zu werden“. Die verschiedenen Oppositionsgruppen in Ungarn haben noch nicht über die Aufstellung eigener Kandidaten zur Präsidentschaftswahl entschieden. Der seit Freitag in Budapest tagende Kongreß der Jungen Demokraten „Fidesz“ beriet am Samstag über die Möglichkeit, den Vorsitzenden der Arbeiterräte während des Budapester Aufstandes von 1956, Sandor Racz, zum Präsidentschaftskandidaten zu küren. Racz saß von 1957 bis 1963 im Gefängnis.

Die ungarische Opposition verfügt künftig über fünf Abgeordnete im Parlament, nachdem sich die Deputierte Eva Balla der Allianz der Freien Demokraten angeschlossen hat. Eva Balla wurde als Ehrenmitglied in die Oppositionsgruppe aufgenommen. Die 4.000 Mitglieder zählende Allianz orientiert sich am Vorbild westlicher, sozialdemokratischer Parteien. Seit im Sommer Nachwahlen in einigen Bezirken stattgefunden haben, sind bereits vier Oppositionelle im Parlament vertreten, die alle dem Demokratischen Forum angehören. Das Forum ist mit 20.000 Mitgliedern die stärkste Oppositionsgruppierung.

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