Land Berlin als Großgrundbesitzer

■ DGB-Chef Pagels will Bodenspekulanten das Wasser abgraben: Öffentliche Förderung nur für Wohnungen auf landeseigenem Grund / Schützenhilfe für Nagel

Eine völlig neue Grundstücks- und Bodenpolitik forderte gestern DGB-Chef Michael Pagels: Spekulanten soll damit buchstäblich der Boden entzogen werden. Berlin brauche in den nächsten vier Jahren 35.000 Wohnungen, vor allem im sozialen Mietwohnungsbau, der aufgestockt werden solle. Eigentlich bräuchte man bis in vier Jahren sogar 100.000 Wohnungen mehr. „Kiez-Egoismen“ hätten da zurückzustehen. Das „Kompetenzwirrwarr“ verhindere Entscheidungen, man müsse die Bezirksverwaltungen in die Pflicht nehmen zu bauen. Das Land Berlin solle ein generelles Vorkaufsrecht für freie Wohnungsbaugrundstücke haben.

Das sei in Hamburg jahrelang so praktiziert worden, sagte Pagels. Der DGB-Chef schlägt dazu die Gründung einer landeseigenen Grundstücksgesellschaft vor. Landeseigene Grundstücke sollten nicht mehr an private Gesellschaften verkauft, sondern, wenn überhaupt, nur noch per Erbbaurecht vergeben werden. Öffentliche Gelder für den Neubau sollten nur noch bei landeseigenen Grundstücken fließen, sagte Pagels. „Der Senat ist zur Zeit von privaten Bauträgern erpreßbar, deshalb haben wir heute drasti sche Erhöhungen der Grundstückspreise.“

35.000 Wohnungen in dieser Legislaturperiode zu bauen ist in der SPD-AL-Koalition umstritten. Die Koalitionsvereinbarungen sehen nur 28.000 Wohnungen vor. In „Koalitionsrangeleien“ habe er sich aber nicht einmischen wollen, beteuert Pagels.

„Die Zuwanderung von Aus- und Übersiedlern auf einen angespannten Wohnungsmarkt muß zwangsläufig zur Verdrängung der angestammten Berliner Bevölkerung führen“, meinte Pagels weiter. Er warnte in diesem Zusammenhang vor Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit.

Die Wohnungsnot werde sich eher noch verschärfen: Bis 1995 werden 25 Prozent aller Sozialwohnungen aus der Bindung gefallen sein. Nächstes Jahr läuft die Wohnungsgemeinnützigkeit aus, gleichzeitig wird die Zahl der Haushalte im Verhältnis noch stärker steigen als die Bevölkerung.

esch