: Gleiches Recht für Zivis in der EG
■ Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen soll in allen Ländern der Gemeinschaft möglich sein / Doch selbst Frauen können im Kriegsfall gegen ihren Willen dienstverpflichtet werden
Brüssel (taz) - Als einen großen Schritt vorwärts bezeichnete Sam Biesemans, Koordinator des Büros für Kriegsdienstverweigerer in Brüssel, am Dienstag auf einer Pressekonferenz die Annahme eines Berichts zur Kriegsdienstverweigerung im Europäischen Parlament. Seit 1985 steht das Thema Kriegsdienstverweigerung immer wieder auf der Tagesordnung des Parlaments. Am Freitag endlich wurde der Bericht mit den Stimmen der Sozialisten und der französischen Kommunisten angenommen.
Als wichtige Bestandteile des Berichts wertete Barbara Schmidbauer von der SPD Forderungen, nach denen Wehrpflichtige den Dienst zu jedem beliebigen Zeitpunkt verweigern könnten und der Ersatzdienst in jedem EG-Land abgeleistet werden könne. Gleichzeitig bedauerte die Parlamentarierin, daß der Zivildienst immer noch zeitlich länger angesetzt werde als der Dienst mit der Waffe. Keine Mehrheit fand ein Änderungsantrag, nach dem auch Frauen ein Kriegsdienstverweigerungsrecht zustehen soll. In Staaten wie der Bundesrepublik und Frankreich können Frauen im Kriegsfall dienstverpflichtet werden, etwa zur Arbeit in Krankenhäusern oder im Katastrophenschutz. Sie haben bislang keine Möglichkeit, den Dienst zu verweigern.
Die Grünen haben den Bericht abgelehnt. Ihre Kritik: Zivildienst und Kriegsdienst sollten gleich lang dauern.
Ändern wird sich für die Kriegsdienstverweigerer jedoch erst einmal gar nichts. Die Europäische Gemeinschaft ist in Fragen der Sicherheitspolitik nicht zuständig, das ist eine Domäne der nationalen Regierungen. Trotzdem könnte das Thema, so hofft Biesemans, von den Mitgliedstaaten aufgegriffen werden. Er verwies auf eine Initiative in Italien, wo es Kriegsdienstverweigerern zukünftig möglich sein soll, in jedem EG-Land ihren Ersatzdienst abzuleisten. Auch Yannis Chryssoverghis, ein Kriegsdienstverweigerer aus Griechenland, dem wie 14 anderen Griechen eine Gefängnisstrafe droht, unterstrich gegenüber der taz den Wert des Berichts. Die permanente Beschäftigung des Europäischen Parlaments mit der Thematik habe die griechische Regierung zumindest veranlaßt, die geltenden Gesetze zu überdenken. Und er selber sei schließlich immer noch ein freier Mann.
Hortense Hörburger
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