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„Um 18.30 Uhr steht's uns schon hier“

■ Nicht repräsentative Kiez-Umfrage in der Oranienstraße zum „Dienstleistungsabend“ / Wen interessiert der lange Donnerstag abseits der gutbürgerlichen Shoppingmeilen überhaupt?

Emin Ilci (25), Lagerarbeiter: „Ich habe schon was vom langen Donnerstag gehört, aber ich weiß überhaupt nicht, welche Läden dann geöffnet haben. Mich interessiert der verlängerte Ladenschluß auch nicht.“

Thomas (28), arbeitet in „Dem Milchladen“ am Oranienplatz: „Ich habe kein Interesse länger zu arbeiten, habe so schon genug zu tun.“

Eine 24jährige Modepunkerin, vollbepackt mit vier Supermarkttaschen: „Dienstleistungsabend, find ich gut. Nee, laß Dich nicht verarschen. Der is mir egal. Die Leute ham doch keen, Bock solange zu arbeiten.“

Cemil Demir (20), Gemüseverkäufer in der Adalbertstraße: „Warum nicht? Ich arbeite sowieso schon bis 19.30 Uhr. Donnerstags würde ich auch länger arbeiten. Zum Einkaufen finde ich es auch gut, den verlängerten Ladenschluß habe ich aber selbst noch nicht genutzt.“

Gabi Kügel (28), Krankengymnastin: „Find ich für uns gut, aber nicht für die Verkäufer. Die müssen bestimmt länger arbeiten, aber mehr Leute werden nicht eingestellt. Bisher habe ich den langen Donnerstag zum Einkaufen nicht genutzt.“

Marita Tenberg (26) von dem Strickladen „Fadeninsel“ in der Adalbertstraße: „Wir haben nicht einmal den langen Samstag geöffnet, weil sich das nicht lohnt. Aufm Kudamm, da lohnt sich das vielleicht, wenn die Geschäfte Donnerstag abend länger geöffnet haben. Aber ich muß irgendwann ja auch mal Feierabend haben.“

Eine Aushilfe im Buchladen „0.21“ in der Oranienstraße lacht sich kaputt, als er die Frage hört, ob sie denn ihren Laden donnerstags länger auflassen wollen: „Weil es uns bis 18.30 Uhr schon hier steht“, und zeigt mit seiner Hand auf die Stirn.

Ein 26jähriger Student im gleichen Buchladen: „Habe mir noch nicht überlegt, was ich vom Dienstleistungsabend halten soll. Fände ich aber gar nicht schlecht, wenn ich in diesem Laden auch donnerstags abend bummeln könnte. Aber wenn nur vereinzelte Läden länger offen haben, nützt mir das natürlich auch nicht, weil ich nicht weiß, ob auch die Geschäfte auf haben, in denen ich etwas kaufen will. Daß die Leute dann länger arbeiten müßten, ist nicht mein Problem.“

Eine 30jährige Krankengymnastin: „Klar, wäre toll, wenn auch mein Bioladen länger offen hätte. Aber ich finde den Dienstleistungsabend Quatsch. Ich brauch spätere Ladenschlußzeiten nicht, bisher habe ich auch alles so bekommen.“

Eine 33jährige Mitarbeiterin vom Bioladen „Kraut&Rüben“: „Ich glaube, ich spinne. Samstags muß ich schon im Laden stehen und dann auch noch donnerstags bis spät abends?“ Und ihre Kollegin sagt dem taz-Reporter: „Siehst Du! Die Idee vom langen Donnerstag ist in diesem Laden also jäh abgeschmettert.“

diak

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