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Dioxin-Alarm in Heiligensee

■ Kabelverwertungsfirma blies durch Manipulationen am Brennofen erhebliche Mengen an Schwermetallen in die Luft / Umweltverwaltung machte Anlage dicht / Auch Dioxin im Boden vermutet / Staatsanwaltschaft ermittelt / Möglicherweise Sanierungsanordnung vorbereitet

In Heiligensee sind jahrelang große Mengen von giftigen Schwermetallen und anderen Schadstoffen in die Luft geblasen worden. Dies geschah aufgrund von technischen Manipulationen an einer Abbrennanlage zur Verwertung von Kabelresten. Vermutlich sei das Grundstück der Betreiberfirma Schulz Metalle GmbH an der Henningsdorfer Straße 137-143 auch hochgradig mit dem Seveso-Gift Dioxin und den chemisch eng verwandten polychlorierten Dibenzofuranen verseucht. Dies werde noch näher untersucht und gegebenenfalls eine Sanierungsanordnung vorbereitet. Zunächst wolle man die Anlage schließen lassen. Eine entsprechende Verfügung gehe der Firma in den nächsten zwei Wochen zu, so der Verwaltungsreferent Thomas Schwilling. Wegen der Manipulationen sei die Umweltkripo schon vor ein oder zwei Jahren tätig geworden, inzwischen ermittel deswegen auch die Staatsanwaltschaft.

Schwilling zufolge war der Schulz GmbH 1969 der Betrieb der Kabelbrennanlage mit den damals üblichen immissionsschutzrechtlichen Auflagen genehmigt worden. Die fragliche Anlage bestehe aus einem Ofen mit zwei Brennkammern, in dem zur Rückgewinnung von wertvollem Kupfer und Blei stündlich eine Tonne Kabelreste bei einer vorgeschriebenen Betriebstemperatur von 850 Grad „verschwelt“ werden können. Unter Beachtung der bauartbedingten Auflagen wären selbst bei der überwiegenden Zufuhr von PVC-ummantelten Kabeln die festgelegten Schadstoffgrenzwerte einzuhalten gewesen. Wie der Referent erläuterte, wurden an dem Ofen jedoch in den letzten Jahren die gravierenden Manipulationen vorgenommen - angeblich in der Hoffnung auf einen wirtschaftlicheren Betrieb. Insgesamt seien die Vorrichtungen zur Immissionsminderung durch technische Umbauten total unwirksam geworden. So seien die Feuerklappen und die Zwangsverriegelung für die Brennkammern demontiert worden. Messungen belegten dies.

So registrierte die Verwaltung in der Abluft der Anlage pro Kubikmeter Luft 67 Milligramm Blei, 278 Milligramm Staub und 28 Milligramm Kupfer. Die zugelassenen Grenzwerte betragen dagegen für Blei und Kupfer insgesamt nur 5 Milligramm, bei Staub 20 Milligramm. Berechnungen ergaben, daß in Anlagennähe der Bleigrenzwert im Staubniederschlag um mehr als das Vierfache überschritten wurden.

Laut Schwilling klagten Anwohner auch bereits vor Jahren über eine erhöhte Verschmutzung der Luft mit Staub und Ruß. Hinsichtlich des Dioxinverdachts verwies der Referent auf alarmierende Meldungen aus Baden-Württemberg. Danach sind jetzt auf dem Gelände einer ehemaligen Metallhütte in Rastatt in Staubproben Dioxin- und Furanwerte von bis zu 108.000 Nanogramm pro Kilogramm nachgewiesen worden (ein Nanogrammein Milliardstel Gramm. D.Red.). Einem Korrespondentenbericht der Frankfurter Rundschau zufolge wurde damit das bisherige Rekordergebnis von 29.000 Nanogramm/kg in einer Kabelverschwelungsanlage in Crailsheim bei weitem übertroffen. Der zum Anbau von Nahrungsmitteln festgesetzte Grenzwert liegt lediglich bei fünf Nanogramm/kg.

Mit ähnlichen Altlasten rechnet die Umweltverwaltung indes nicht nur in Heiligensee. Gutachter sollen jetzt auch ein Grundstück an der Spandauer Freiheit unter die Lupe nehmen, auf dem die Firma Spreemetall bis vor etwa vier oder fünf Jahren eine Kabelabbrennanlage unterhielt.

thok

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