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Der Flüchtlingsstrom aus der DDR über Ungarn hält weiter an

München/Warschau (dpa/ap) - Der Zustrom von DDR-Flüchtlingen über Ungarn und Österreich in die Bundesrepublik hält unvermindert an. Von Freitag bis zum frühen Sonntag morgen zählten die bayerischen Behörden insgesamt 2.610 Übersiedler, die in Bussen und eigenen PKWs die Grenze bei Passau passierten. Nach Angaben der österreichischen Behörden registrierten sie seit dem 11.September weit über 40.000 auf diesem wege eingereiste DDR-Bürger.

Auch in der Bonner Vertretung in Warschau herrscht nach wie vor Hochbetrieb. Seit dem Abflug von 140 Flüchtlingen in einer Chartermaschine am Freitag abend meldeten sich schon wieder weit über hundert ausreisewillige DDR-Bewohner. Sie wurden wie immer in Ferienheimen in der Nähe von Warschau untergebracht. Insgesamt befinden sich dort etwa 1.900 DDR -Bürger, die auf ihre Weiterreise in die Bundesrepublik warten.

Noch offen war am Sonntag, ob eine fünfte Maschine der polnischen Fluggesellschaft LOT eingesetzt wird, um die Flüchtlinge ins Bundesgebiet zu bringen. Die DDR-Botschaft in der polnischen Hauptstadt blieb am Samstag und Sonntag für den Publikumsverkehr zwar geschlossen, hatte jedoch zugesagt, Anträge ausreisewilliger Bürger weiter zu bearbeiten. Ein fünfter Flug wurde von der Zahl der übers Wochenende ausgefertigten Ausreisepapiere abhängig gemacht.

Experten erwarten ein Sinken der Flüchtlingszahlen in den nächsten Tagen, da am Wochenende die Herbstferien in der DDR enden. Ungarn denkt nicht daran, seine Grenze zu Österreich zu schließen, „solange die Ursachen für den Flüchtlingsstrom (aus der DDR) bestehen bleiben“. Dem Nachrichtenmagazin 'Der Spiegel‘ sagte Ministerpräsident Miklos Nemeth, bei der Öffnung der ungarischen Grenze für DDR-Flüchtlinge habe die DDR nicht versucht, wirtschaftlichen Druck auszuüben. Auch habe es vor dem Entschluß keine Beratungen mit Moskau gegeben.

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